Landkreis Miltenberg – Pressearchiv

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Rund 150 Interessierte haben sich am Donnerstagabend im Schullandheim Hobbach zum Thema eines möglichen Biosphärenreservat Spessart informiert. Wie wird die dafür notwendige Machbarkeitsstudie erstellt, welche Untersuchungen sind enthalten, wie sieht der Zeitplan aus, wer bezahlt, wer entscheidet am Ende? Zahlreiche Fragen wurden gestellt und am Ende konnten alle Gäste gut informiert den Heimweg antreten, auch wenn klar wurde: Am Beginn eines Prozesses sind Fragen wie zum Beispiel nach dem genauen Zuschnitt einzelner Zonen nicht zu beantworten.

Laut Landrat Jens Marco Scherf sei die Machbarkeitsstudie zur Einrichtung eines UNESCO-Biosphärenreservats Spessart als Modellregion für nachhaltige Entwicklung gemäß den Beschlüssen der Kreistage Miltenberg, Main-Spessart und Aschaffenburg, des Stadtrats Aschaffenburg und im Einvernehmen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern beauftragt worden. Erkundungen und Gespräche mit verschiedenen Interessengruppen sind der Entscheidung vorausgegangen. Zentrales Element der Ende 2023 abzuschließenden Studie sei eine breite Einbindung der Bevölkerung. „Wir reden und entscheiden nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, wir binden Sie ein“, so der Landrat. Es gelte, die Besonderheiten des Spessart in der jahrhundertelangen Geschichte und im Miteinander von Mensch im Natur- und Kulturraum zu identifizieren. Im Kern gehe es um das Miteinander von Mensch und Biosphäre und die Beantwortung der Frage, welchen besonderen, typischen und einmaligen Beitrag der Spessart für das Miteinander von Mensch und Biosphäre leisten kann. Durch die breite Bürgerbeteiligung wolle man klarmachen, dass es sich nicht um einen „Nationalpark durch die Hintertür“ handelt, so Scherf, und weiter: „Wir wollen Ihnen nichts wegnehmen, wir wollen die Schätze der Region bewahren.“ Er betonte die Bedeutung der Eiche als traditionellen Baum des Spessarts und als Klimabaum, ebenso die Bedeutung der historisch entwickelten Holzrechte: „Dies gilt es in ein Konzept zu integrieren“, so Scherf.

Torben Schulze, Projektmanager Biosphärenreservat, erklärte den Weg bis zur möglichen Bewerbung, der nach den Bürgerforen thematische Arbeitsgruppen, eine Online-Beteiligung und Experteninterviews vorsieht. Alle dabei erarbeiteten Punkte fließen in die ergebnisoffene Machbarkeitsstudie ein. Die Studie werde auch Zonierungsvorschläge enthalten, so Schulze, aber auch Entwicklungsoptionen im Hinblick auf den Naturpark und eine Einbeziehung des hessischen Spessart. Alle oben gewonnenen Erkenntnisse werden in einem abschließenden Bürgerforum Ende 2023 vorgestellt.

Die aus Klagenfurt zugeschalteten Raphael Süßbacher (Büro E.C.O.) und Lisa Wolf legten dar, dass die Studie klärt, ob der Spessart repräsentativ für ein Biosphärenreservat ist – sowohl formal als auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Dies erfolgt anhand eines Katalogs mit vorgegebenen Kriterien. Diese beziehen sich auf die Bereiche Natur und Kultur, Mensch und Wirtschaft sowie Bildung und Forschung. Florian Lintzmeyer und Claudia Schwarz (beide Büro ifuplan), erläuterten anhand von Beispielen aus Biosphärenreservaten, wie diese Themen erfolgreich mit Leben erfüllt wurden – etwa bei der Rhöner Apfelinitiative, den Rhönholzveredlern, einem Generationentreff im Bliesgau und Jung-Rangern im Biosphärengebiet Alb. Im Spessart seien Ideen und Konzepte in Fülle vorhanden, sagte Lintzmeyer. Ein Biosphärenreservat könne hier auf lokale Initiativen, Strukturen, die regionale Wirtschaft und Schutzgebiete aufbauen. Dafür brauche es das Engagement aller Bürgerinnen und Bürger, sagte er. Das UNESCO-Projekt der Biosphäre könne für die Region ein Katalysator für Veränderungsprozesse in Richtung Schutz, Bildung und nachhaltige Entwicklung sein. In die Untersuchung werde auch die Frage mit einbezogen, ob der hessische Teil des Spessarts möglicherweise dabei sein kann. Lintzmeyer stellte klar, dass die Entscheidung, ob sich die Region bewirbt oder nicht, nicht Teil der Studie sei – dies obliege am Ende den Kommunen vor Ort.

Die Fragen, die in der Folge aufkamen, drehten sich größtenteils um Finanzierung, Zoneneinteilung, Holzrechte, Flächengrößen und die Entscheidung zur Bewerbung. Die Frage, woher die Initiative kommt, beantwortete Landrat Jens Marco Scherf dahingehend, dass verschiedene Akteure und Verbände dies in Schreiben an die drei Landkreise vorgeschlagen hätten. Ob es zu einer Enteignung kommt, falls ein Privatwaldbesitzer nicht mitmachen will, wollte eine Frau wissen. Thomas Keller (Regierung von Unterfranken) stellte klar: „Niemand wird gezwungen, alles basiert auf Freiwilligkeit.“ Zur Frage, wozu es ein Biosphärenreservat überhaupt braucht, nahm Oliver Kaiser (Geschäftsführer Naturpark Spessart) Stellung. „Im Naturpark stoßen wir an personelle und finanzielle Grenzen“, erklärte er, über ein Biosphärenreservat würde nicht nur viel Geld aus München in die Region fließen, über Projekte könnten zudem hohe Finanzmittel eingeworben werden. Kaiser bezog sich dabei auf die Idee, ein künftiges Biosphärenmanagement in der Geschäftsstelle des Naturparks anzusiedeln, der dafür personell und finanziell verstärkt würde.

In der Pfalz sei „das Geld schnell weg gewesen“, wusste ein Teilnehmer. Die Antwort: Das sei darauf zurückzuführen, dass die Finanzierung in Rheinland-Pfalz anders geregelt sei, in Bayern stehe der Freistaat voll hinter der Idee und der Finanzierung. Wie die Zonierung aussieht, wollte ein anderer wissen. Die Antwort: Drei Prozent der Biosphärenfläche seien für die Kernzone notwendig, in der die Natur sich selbst überlassen wird. Diese Zone könnte aber auch aus mehreren, nicht zusammenhängenden Teilen bestehen, sofern diese über mindestens 50 Hektar Größe verfügen. Im Spessart sei das leicht möglich, denn die Staatsforsten verfügten über riesige Flächen. Kernzone und Pflegezone müssten mindestens 20 Prozent der Gesamtfläche umfassen, der größte Teil umfasse also die Entwicklungszone. 170.000 Hektar groß ist der Naturpark – also mehr als genügend Fläche für ein Biosphärenreservat, es könnte sogar kleiner ausfallen. Ideal wäre es, wenn die Kernzone von der Pflegezone umgeben wäre. Die Pflegezonen könnten in bereits jetzt bestehende FFH-Gebiete, Vogelschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete gelegt werden.

Die Holzrechte könnten wie bisher wahrgenommen werden, lautete die Antwort auf eine weitere Frage aus dem Publikum. Die bereits jetzt einzuhaltenden gesetzlichen Einschränkungen – etwa durch das Naturschutzgesetz oder das Waldgesetz – würden weiter gelten, darüber hinaus ändere sich nichts an der Bewirtschaftung für landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche und sonstige gewerbliche Nutzungen, sofern diese nicht den Zielsetzungen in den einzelnen Zonen zuwiderlaufen.

Wer entscheidet am Ende? Die Frage wurde mehrfach gestellt, denn mancher befürchtete, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mitreden können. Klare Antwort darauf: Jede Stadt, jede Gemeinde und jeder Landkreis müssen entscheiden, ob sie mitmachen. Wer nicht dabei sein will, muss nicht dabei sein. Sollte die Entscheidung pro Antrag fallen, so würde laut Lisa Wolf ein externes Büro diesen schreiben. Wer steuert vor Ort das Reservat? Darauf Landrat Jens Marco Scherf: Das Management würde an den Naturpark angegliedert, der von einem Vereinsausschuss und einem Beirat mit Vertretern zahlreicher Organisationen gesteuert wird. Das wäre auch beim Biosphärenreservats so, „die Region entscheidet, was passiert.“ Was passiert, wenn kein Antrag zustande kommt? Torben Schulze antwortete: Dann würde der Naturpark bleiben und gegebenenfalls weiterentwickelt.

In mehreren Arbeitsgruppen wurden anschließend die Chancen und Risiken eines Biosphärenreservats aufgelistet. Dabei wurden keine wesentlich neuen Argumente vorgebracht, vor allem die Holzrechte wurden als Risiko eingeschätzt. Alle Meldungen aus Reihen der Bürgerinnen und Bürger werden nun in die Untersuchung einfließen.

Landrat Jens Marco Scherf bedauerte nach knapp über drei Stunden Veranstaltungsdauer in seinem Schlusswort, dass in Teilen der Bevölkerung offenbar ein großes Misstrauen gegen den Staat herrscht. Er wünschte sich, dass diese Vorbehalte durch den transparenten Beteiligungsprozess ausgeräumt werden können. Er stellte klar, dass ein Biosphärenreservat zum Erfolg wird, „wenn es von der Mehrheit der Menschen getragen und gestaltet wird.“ Es sei für ihn nicht vorstellbar, dass ein Biosphärenreservat mit mehreren weißen Flecken möglich sei.

Aktuelle Informationen zum Prozess stehen ab sofort unter der Internetadresse www.biosphaere-spessart.de bereit.

 

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Welche Chancen und Risiken bietet ein Biosphärenreservat Spessart? Ihre Einschätzungen dazu konnten die Besucher der Informationsveranstaltung in Hobbach abgeben. Foto: Winfried Zang

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?Torben Schulze, Projektmanager Biosphärenreservat, erklärte den Weg bis zu einer möglichen Bewerbung. Foto: Winfried Zang

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Original Quelle by Wertheim24.de

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