Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 12. Senat | 12 MS 97/21 | Beschluss | Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für WEA

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β) Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bauabschnitt „F. II“ enthält entgegen der Annahme der Beigeladenen ihrerseits keine Zulassung einer Abweichung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG, § 8 NROG. Denn die These, die Ersetzungswirkung des § 13 BImSchG trete auch dann ein, wenn die Genehmigungsbehörde sie habe ausschließen wollen (VG Ansbach, Urt. v. 9.10.2001 – AN 1 K 01.00600 -, juris, Rn. 136; ähnlich: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.8.2020 – 10 S 2941/19 -, NuR 2021, 135 ff. hier zitiert nach juris, Rnrn. 2 und 12), verdient keine Zustimmung. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes bestimmt sich gemäß § 43 Satz 2 VwVfG (i. V. m. den § 1 Abs. 1 NVwVfG) vorrangig anhand des bekanntgegebenen Inhalts des Verwaltungsaktes. Es mag hier dahinstehen, ob – was insbesondere bei im Ermessen der Behörde stehenden Entscheidungen zweifelhaft erscheint – davon auszugehen ist, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine andere, die Anlage betreffende behördliche Entscheidung, zu deren Voraussetzungen sie sich verschweigt, regelmäßig bereits deshalb ersetzend mitumfasst, weil sie diese Entscheidung nach § 13 BImSchG umfassen sollte (vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Werkstand: Mai 2021, § 13 BImSchG, Rn. 36). Denn § 13 BImSchG enthält – recht verstanden – jedenfalls nur das Gebot einer Entscheidungskonzentration, nicht aber eine Interpretations- und Rechtsfolgenanordnung, die dergestalt von § 43 Satz 2 VwVfG abwiche, dass einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch dann ein bestimmter Regelungsgehalt (hier: die Zulassung einer Zielabweichung) beizulegen wäre, wenn eine herkömmliche Auslegung der Genehmigung unter entsprechender Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB – also zum einen nach ihrem objektiven Erklärungswert unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Erklärung und zum anderen danach, wie sie ihr Adressat oder ein Drittbetroffener nach Treu und Glauben verstehen durfte (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 24.10.2019 – 12 KS 127/17 -, juris, Rn. 157, m. w. N.) – zu einem eindeutig gegenteiligen Ergebnis führt. So aber liegt es im vorliegenden Falle. Denn die soeben unter II. 2. c) bb) α) wiedergegebenen Erwägungen des Antragsgegners lassen eindeutig erkennen, dass er – entsprechend seiner auch in dem hiesigen Eilrechtsstreits vertretenen Rechtsauffassung – die Frage der Zulassung einer Zielabweichung gerade nicht zum Gegenstand der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und der in dem Genehmigungsverfahren vorzunehmenden Prüfung machen wollte und machte. Er betrachtete sie vielmehr ausschließlich als Gegenstand des gesonderten Zielabweichungsverfahrens, das er bereits durch den Bescheid vom 10. Oktober 2019 abgeschlossen hatte. Deshalb verweigerte er sich in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (ausweislich des obigen Zitats aus deren Begründung) sogar ausdrücklich einer nochmaligen inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer Zielabweichung. Es kann folglich keine Rede davon sein, dass sich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Bauabschnitt „F. II“ auch eine Zielabweichungsentscheidung entnehmen ließe. Vielmehr baut die Genehmigung insoweit lediglich auf dem Bescheid vom 10. Oktober 2019 auf.

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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