Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Braunschweig 2. Kammer | 2 A 100/19 | Urteil | Genehmigung einer Windenergieanlage trotz Überschreitung einer im Flächennutzungsplan vorgesehenen Höhenbegrenzung

Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Braunschweig 2. Kammer | 2 A 100/19 | Urteil | Genehmigung einer Windenergieanlage trotz Überschreitung einer im Flächennutzungsplan vorgesehenen Höhenbegrenzung

Die Errichtung von Windenergieanlagen ist im Außenbereich – wie dargelegt – privilegiert und nur dann unzulässig, wenn öffentliche Belange entgegenstehen; öffentliche Belange sind beeinträchtigt, wenn das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans – z.B. einer in diesem Plan vorgesehenen Höhenbegrenzung – widerspricht. Die Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die sich aus einem Widerspruch des Vorhabens zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans ergibt, reicht danach nicht aus, um Windenergieanlagen im Außenbereich als unzulässig anzusehen. Die Genehmigungsbehörde darf die Errichtung von Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB nur dann unter Berufung auf öffentliche Belange als unzulässig ablehnen, wenn diese Belange dem Vorhaben „entgegenstehen“. Ob dies der Fall ist, ist im Wege einer Abwägung zwischen den jeweils berührten öffentlichen Belangen und dem Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens zu ermitteln. Durch die generelle Verweisung bestimmter Vorhaben wie die Errichtung von Windenergieanlagen in den Außenbereich hat der Gesetzgeber nämlich selbst eine planerische Entscheidung zugunsten solcher Vorhaben getroffen und damit auch in Kauf genommen, dass in Einzelfällen öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Diese Privilegierung fällt bei der Abwägung zugunsten des Vorhabens ins Gewicht (vgl. zu allem BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 – 4 CN 1.12 -, juris Rn. 24; VG Aachen, Beschluss vom 12.03.2021 – 6 L 417/20 -, juris Rn. 63; VG Münster, Urteil vom 02.04.2020 – 10 K 4573/17 -, juris Rn. 82; VG Göttingen, Urteil vom 09.08.2018 – 2 A 230/16 -; Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 35 Rn. 68; Roeser in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: April 2022, § 35 Rn. 58, 51 u. 10; jew. m.w.N.; s. auch Nr. 3.5.2.2 des Nds. Windenergieerlasses vom 20.07.2021, Nds. MBl. S. 1398). Erforderlich ist eine auf den Einzelfall bezogene „nachvollziehende“ Abwägung (vgl. BVerwG, VG Aachen und VG Münster, jeweils a.a.O.). Dies gilt auch für den Fall, dass der Flächennutzungsplan – wie hier – eine Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen vorsieht. Im Einzelnen bedeutet dies, dass die Gemeinde eine die Umstände des konkreten Falles berücksichtigende Gewichtung des fraglichen öffentlichen Belangs – hier der vom Flächennutzungsplan vorgegebenen Höhenbegrenzung – und der nach der Entscheidung des Gesetzgebers im Außenbereich privilegierten Windenergienutzung vorzunehmen und dabei insbesondere die damit verfolgten Zwecke zu berücksichtigen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.07.2001 – 4 C 4.00 -, juris Rn. 18; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2021, § 35 Rn. 60). Will die Gemeinde eine Windenergieanlage im Außenbereich unter Hinweis auf die im Flächennutzungsplan vorgesehene Höhenbegrenzung ablehnen, so ist dies nur dann mit dem Gesetz vereinbar, wenn die für die Höhenbegrenzung sprechenden Gründe die mit der Errichtung der Anlage verbundenen Interessen im konkreten Fall überwiegen. Die „nachvollziehende“ Abwägung ist gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar (BVerwG, Urteil vom 19.07.2001, a.a.O., Rn. 18; Roeser, a.a.O., Rn. 58).

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

Vermisst: Rebecca Reusch – Wer hat die 15-Jährige zuletzt gesehen oder kann Hinweise geben?

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen