Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Hannover 10. Kammer | 10 A 502/19 | Urteil | Datenschutzrechtliche Untersagungsverfügung zur Datenverarbeitung des Geburtsdatums und der Anrede

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bb) Die Abfrage des Geburtsdatums kann nicht auf Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO gestützt werden. Hiernach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung eines Vertrages oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Formulierung „zur Erfüllung eines Vertrages“ darf nicht im rechtstechnischen Sinne zu eng verstanden werden. Neben der „Erfüllung“ im engeren Sinne sind die Vorbereitung und Anbahnung des Vertrages, dessen Durchführung sowie auch dessen Abwicklung insbesondere zur Erfüllung von Gewährleistungspflichten oder sekundären Leistungspflichten erfasst (vgl. Plath, in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 6 DSGVO, Rn. 11). Auch vorvertragliche Maßnahmen können eine Verarbeitung legitimieren, allerdings nur, wenn sie „auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen“. Liegt ein Vertrag i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO vor, so muss die Verarbeitung zur Durchführung des Vertrages bzw. der Vertragsanbahnung objektiv erforderlich sein, damit der Erlaubnistatbestand zur Anwendung kommen kann. Ist dies der Fall, ist eine weitere Interessenabwägung grundsätzlich entbehrlich (Plath, in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 6 DSGVO, Rn. 16). Die DSGVO definiert den Begriff der Erforderlichkeit nicht ausdrücklich. Einen Anhaltspunkt gibt aber der Erwägungsgrund 39. Hier heißt es: „Personenbezogene Daten sollten nur verarbeitet werden dürfen, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann.“ Die Verwendung des Begriffs „Zumutbarkeit“, lässt den Rückschluss zu, dass für die Feststellung der Erforderlichkeit grundsätzlich keine übermäßig strengen Maßstäbe angesetzt werden dürfen. Demnach wird vertreten, dass die Datenverarbeitung bereits dann erforderlich ist, wenn kein milderes, wirtschaftlich gleich effizientes Mittel zur Verfügung steht, um den entsprechenden Zweck mit gleicher Sicherheit zu verwirklichen (Plath, in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Art. 6 DSGVO, Rn. 18). Eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten wird auch dann als erforderlich angesehen, wenn sie zwar nicht unumgänglich für den Vertragsschluss ist, jedoch für die Erreichung des Geschäftszwecks als förderlich angesehen werden kann. Demnach gilt, dass die Erforderlichkeit auch dann anzunehmen ist, wenn zwar ein milderes Mittel zur Verfügung steht, also das Rechtsgeschäft auch ohne die konkrete Verwendung der Daten durchgeführt werden könnte, die Wahl eines solchen Mittels jedoch mit Nachteilen für den Verantwortlichen und/oder die betroffenen Personen verbunden wäre. Dies gilt umso mehr, wenn die Verwendung der Daten auch im Interesse der betroffenen Person geschieht, etwa um einen besseren Service oder eine schnellere Abwicklung zu ermöglichen. Neben der Verarbeitung der sogenannten „Stammdaten“, wie den Namen, die Anschrift und der Zahlungsinformationen, können grundsätzlich je nach Einzelfall zusätzlich die Verarbeitung von „weiteren Daten“, etwa die Verarbeitung des Geburtsdatums, zumindest des Geburtsjahrs, zur Verifizierung der Geschäftsfähigkeit bzw. eines Mindestalters oder zur Unterscheidung mehrerer gleichnamiger Kunden zulässig sein. Im Rahmen dieser Einzelfallentscheidung ist mit dem Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO abzuwägen (Plath, in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 6 DSGVO, Rn. 21).

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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