Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Lüneburg 2. Kammer | 2 A 59/21 | Urteil | Zur Inanspruchnahme minderjähriger Kinder für Bestattungskosten

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Unbeachtlich ist auch, dass die Klägerinnen im Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme minderjährig waren. Kinder sind gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 NBestattG auch dann bestattungspflichtig, wenn sie noch nicht volljährig sind. Da die Haftung allein an die Bestattungspflicht anknüpft, ist auch die Haftung Minderjähriger für die Bestattungskosten nicht eingeschränkt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.7.2011- 9 PA 50/11 -, Veröff. n. b. m. w. Nachw.). Die Vorschrift ist insoweit auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen einschränkend auszulegen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass allgemeine Billigkeitserwägungen bei der Durchsetzung der Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BestattG und bei der Heranziehung zu Bestattungskosten auf der Grundlage des § 8 Abs. 4 BestattG grundsätzlich nicht anzustellen sind (vgl. zuletzt Nds. OVG, Beschl. v. 3.5.2021 – 10 LA 233/20 -, juris Rn. 16; Beschl. v. 5.4.2019 – 10 PA 350/18 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 8.1.2013 – 8 ME 228/12 -, Veröff. n.b.). Eine gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme von der Bestattungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 und 3 NBestattG kommt nur dann in Betracht, wenn die Bestattungspflicht eine für den Pflichtigen schlechthin unerträgliche und unverhältnismäßige Verpflichtung ist. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat eine solche Ausnahme bisher, soweit ersichtlich, allenfalls in Fällen in Betracht gezogen, in denen der Verstorbene zu Lasten des Bestattungspflichtigen eine schwere Straftat begangen hatte (Nds. OVG, Beschl. 3.5.2021 – 10 LA 233/20 -, juris; vgl. VG Stade, Urt. v. 18.6.2009 – 1 A 666/08 -, juris Rn. 23; vgl. diesbezüglich auch VG Stade, Urt. v. 18.6.2009 – 1 A 666/08 -, juris). Der Umstand, dass die bestattungspflichtige Person minderjährig und vermögenslos ist, führt allein hingegen nicht dazu, dass die Bestattungspflicht als schlechthin unerträgliche und unverhältnismäßige Verpflichtung aufgefasst werden müsste. Denn insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass ein Leistungsbescheid nach § 8 Abs. 4 Satz 2 und 3 NBestattG keine abschließende Entscheidung über die tatsächliche Kostenbelastung des Bestattungspflichtigen darstellt, da er entweder Rückgriff bei einem Erben nach § 1968 BGB oder einem anderen gleichrangig Bestattungspflichtigen nach §§ 426 BGB, 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG nehmen kann und (hilfsweise) bei einer Unzumutbarkeit der Kostentragung zudem die Möglichkeit der Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger nach § 74 SGB XII eröffnet ist (Nds. OVG, Beschl. v. 3.5.2021 – 10 LA 233/20 –, juris Rn. 16 m. w. Nachw. zur Rspr. des Nds. OVG). Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall. Denn bei Ermittlung der Unzumutbarkeit im Sinne des § 74 SGB XII sind nicht nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bestattungspflichtigen zu berücksichtigen sein, sondern auch solche Umstände, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, etwa die Nähe und Beziehung des Verstorbenen zum Bestattungspflichtigen (Nds. OVG, Beschl. v. 3.5.2021 – 10 LA 233/20 -, juris Rn. 16; BSG, Urt. v. 29.9.2009 – B 8 SO 23/08 R -, juris Rn. 16 f.). Insofern wird der zuständige Sozialhilfeträger auch die Minderjährigkeit der Klägerinnen und ihre etwaige Vermögenslosigkeit zu berücksichtigen haben.

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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