Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Lüneburg 2. Kammer | 2 B 47/22 | Beschluss | Eilantrag gegen Baugenehmigung für Grundstück im Senkungsgebiet

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Soweit der Antragsteller zur Begründung seines Antrags umfangreich ausführt, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB lägen nicht vor, kann dies allein nach oben Gesagtem nicht zum Erfolg seines Rechtsmittels führen, weil er sich auf einen rein objektivrechtlichen Verstoß gegen diese Vorgaben nicht berufen kann. Sein Antrag wäre vielmehr nur dann begründet, wenn er zugleich erfolgreich geltend machen könnte, er werde durch das Vorhaben in seinem Anspruch auf nachbarliche Rücksichtnahme verletzt. Das Gebot der Rücksichtnahme ist bei Vorhaben, die wie hier im unbeplanten Innenbereich liegen, Bestandteil der Prüfung, ob sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt. Dem Rücksichtnahmegebot kommt nachbarschützende Wirkung im Einzelfall (nur) insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Insoweit müssen die Umstände des Einzelfalles eindeutig ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen und inwieweit eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist (BVerwG, Urt. v. 5.8.1983 – 4 C 36.79 -, juris). Das Gebot der Rücksichtnahme besagt, dass ein Bauvorhaben im Einzelfall unzulässig ist, wenn von ihm Beeinträchtigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der Umgebung unzulässig sind. Ob eine bauliche Anlage gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, wie schutzwürdig die Umgebung ist, wobei bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben dürfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.1983 – 4 C 59.79 -, juris). Eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme ist dann anzunehmen, wenn sich unter Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Einzelfall ergibt, dass die Verwirklichung des jeweiligen Bauvorhabens dem Nachbarn nicht mehr zugemutet werden kann. Soweit sich ein Nachbar an der schieren Größe eines Vorhabens stört, kommt ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Vorhaben eine unzumutbare erdrückende Wirkung entfaltet. Das wird indes nur in Ausnahmefällen der Fall sein und zwar erst dann, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass es die bislang vorhandene Situation lediglich verändert, reicht hierfür nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine gewisse „Dramatik“ der Situation (vgl. zuletzt nur Nds. OVG, Beschl. v. 24.2.2022 – 1 ME 186/21 -, juris Rn. 9). In der Regel wird jedenfalls aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind. Denn auch die Abstandsflächen sollen vor einer unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Wirkung schützen und ein Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Besonnung des benachbarten Grundstücks sicherstellen. Insoweit kommt der Einhaltung der Abstandsvorschriften eine gewisse „Sperrwirkung“ zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.1.1999 – 4 B 128.98 -, juris; Nds. OVG, Beschl. v. 18.2.2009 – 1 ME 282/08 -, juris Rn. 43; Nds. OVG, Beschl. v. 6.4.2021 – 1 ME 58/20 -, juris Rn. 16).

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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