Überzogen / Kommentar von Karl Schlieker zu Warnstreik

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Mainz (ots)

Deutschlands Verkehr wird stillstehen. Fern- und Regionalverkehr der Bahn, Flughäfen und wichtige Autotunnel sowie der Nahverkehr in einigen Bundesländern werden am Montag mit einem beispiellosen Warnstreik lahmgelegt. Die Eisenbahngewerkschaft EVG und Verdi stehen in getrennten Tarifgesprächen, rufen aber vereint zum Arbeitskampf auf. Die Aktion ist juristisch gesehen legal, allerdings unverhältnismäßig. Sicher haben die Beschäftigten in der Corona-Krise auf einiges verzichtet und die Inflation trifft sie hart. Die Verhandlungen sind bisher aber nicht hoffnungslos festgefahren, sondern noch in einem frühen Stadium. Die Positionen liegen zwar wie im Tarifstreit üblich zunächst weit auseinander, scheinen aber nicht unvereinbar. Die Wahl der höchsten Eskalationsstufe ist allein vor diesem Hintergrund nicht erklärbar. Was soll danach noch kommen? Ein Generalstreik? Die Vermutung liegt nahe, dass mit dem Warnstreik auch Organisationsziele verfolgt werden. Die bisher als lahme Hausgewerkschaft der Bahn geltende EVG muss sich beispielsweise im Konkurrenzkampf mit der Lokführergewerkschaft GDL behaupten. Da sollen derartige Muskelspiele die Beschäftigten beeindrucken. Und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi steht im September vor ihrem alle vier Jahre stattfindenden Bundeskongress, auf dem sich die Führung zur Wiederwahl stellen muss. Da hilft es, wenn ein guter Tarifabschluss und anständige Mitgliederzahlen vorliegen. Mitgliederwerbung gelingt erfahrungsgemäß aber im Konfliktfall einfacher als im normalen Arbeitsalltag. Das ist alles nachvollziehbar, rechtfertigt aber nicht, die Republik derart in Geiselhaft zu nehmen. Ein Streik sollte das letzte Mittel sein.

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