Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 14. Senat | 14 LC 83/22 | Urteil | Ausbildungsförderung (Rückforderung)- Berufung –

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OVG Lüneburg 14. Senat,
Urteil vom
17.11.2022, 14 LC 83/22, ECLI:DE:OVGNI:2022:1117.14LC83.22.00

§ 15b Abs 3 S 3 BAföG

Verfahrensgang

vorgehend VG Braunschweig, 23. Januar 2020, Az: 3 A 1/19, Urteil

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig – 3. Kammer – vom 23. Januar 2020 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten sich über den Zeitpunkt der Beendigung des Studiums der Klägerin und über die sich daraus ergebenden förderungsrechtlichen Konsequenzen.

2

Die Klägerin schrieb sich zum Wintersemester 2015/2016 an der Hochschule E. -Stadt in den Bachelor Studiengang „Soziale Arbeit Plus – Migration und Globalisierung – “ ein. Sie bezog seit diesem Zeitpunkt Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Für den Bewilligungszeitraum von Oktober 2017 bis einschließlich September 2018 wurde ihr mit Bescheid vom 3. November 2017 Ausbildungsförderung i.H.v. 649,00 EUR monatlich gewährt.

3

Am 12. Juli 2018 absolvierte die Klägerin erfolgreich das vorgesehene Kolloquium als ihre letzte Prüfungsleistung.

4

Mit E-Mail vom 23. August 2018 teilte das Prüfungsamt der Hochschule E. -Stadt der Klägerin mit, dass ihre Abschlussdokumente im zentralen Prüfungsamt zur Abholung bereitlägen, deren Empfang die Klägerin unter dem 27. August 2018 bestätigte. Das u.a. überreichte Bachelorzeugnis war auf den Tag der letzten Prüfungsleistung vom 12. Juli 2018 datiert.

5

Bereits mit Bescheid vom 12. Juni 2018 hatte die Stiftung Universität F. -Stadt die Klägerin zum Wintersemester 2018/2019 zum Masterstudiengang „Inszenierung der Künste und Medien, Theaterwissenschaft“ zugelassen. Daraufhin beantragte die Klägerin am 6. September 2018, ihr für den Bewilligungszeitraum von Oktober 2018 bis September 2019 BAföG-Leistungen zu gewähren. Unter dem 17. Oktober 2018 teilte sie dem zuständigen Studentenwerk mit, das Bachelorstudium am 12. Juli 2018 abgeschlossen zu haben, und wies den Abschluss mit ihrem Zeugnis nach.

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Mit Bescheid vom 30. November 2018 bewilligte das Studentenwerk G. der Klägerin für den beantragten Zeitraum BAföG-Leistungen i.H.v. 649,- EUR monatlich. Gleichzeitig verkürzte es den zuletzt festgesetzten Bewilligungszeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 um die Monate August/September 2018, setzte diesen von Oktober 2017 bis Juli 2018 neu fest und verlangte die Überzahlung i.H.v. insgesamt 1.298,- EUR zurück. Zur Begründung führte es aus, die Ausbildung sei mit Bestehen der Abschlussprüfung beendet worden. Es erfolgte eine Verrechnung der in derselben Höhe nachbewilligten Förderungsleistung der Klägerin (für die Monate Oktober/November 2018) mit der Rückforderung (für die Monate August/September 2018).

7

Hiergegen hat die Klägerin am 27. Dezember 2018 Klage erhoben. Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Bekanntgabe über das Vorliegen der Abschlussdokumente sei erst per E-Mail am 23. August 2018 erfolgt. Der Gesetzgeber habe mit dem 25. BAföG-Änderungsgesetz die ungewollten Förderungslücken bei einem zweistufigen Studium im Übergang zwischen Bachelor- und abschließendem Masterstudium schließen wollen. Die Nahtlosigkeit zwischen Bachelor- und Masterstudiengang sei bei ihr auch eindeutig gegeben.

8

Die Klägerin hat (sinngemäß) beantragt,

9

die Beklagte zu verpflichten, ihr auch für die Monate August und September 2018 Leistungen in gesetzlicher Höhe zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2018 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

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Sie hat den Bescheid verteidigt und im Wesentlichen vorgetragen, für den Ausbildungsabschluss der Klägerin komme es nicht auf den erreichten Notendurchschnitt an, sondern allein auf die Tatsache, dass dieses Studium bestanden sei. Dies sei bereits nach Absolvieren des Kolloquiums am 12. Juli 2018 der Fall gewesen. Ihr stehe auch keine Förderung für den Monat September nach § 15b Abs. 2 BAföG als Zwischenmonat zu.

13

Mit Urteil vom 23. Januar 2020, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Verwaltungsgericht Braunschweig den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2018 aufgehoben, soweit dadurch der Bewilligungszeitraum für das Bachelorstudium der Klägerin um die Monate August und September 2018 verkürzt und gegenüber der Klägerin eine mit ihren Förderungsansprüchen für Oktober und November 2018 verrechnete Rückforderung in Höhe von 1.298,- EUR festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die auf § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG gestützte Verkürzung des Bewilligungszeitraumes um die Monate August und September 2018 sei rechtswidrig. Die Bekanntgabe des Gesamtergebnisses, worauf es nach § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG ankomme, sei mit Blick auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie die Systematik des Gesetzes nicht bereits am 12. Juli 2018 mit dem Abschlusskolloquium erfolgt, sondern erst nachdem der Klägerin mit E-Mail vom 23. August 2018 mitgeteilt worden sei, dass die Abschlussdokumente zur Abholung im Prüfungsamt bereitlägen. Die Klägerin habe gemäß § 15b Abs. 2 BAföG eine Förderung auch für den September 2018 als „Zwischenmonat“ beanspruchen könne, nachdem sie bereits in diesem Monat, am 6. September 2018, die Weiterförderung für ihr im Oktober 2018 bei der Beklagten begonnenes Masterstudium beantragt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

14

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei die Bachelorausbildung der Klägerin bereits unmittelbar nach Abschluss des erfolgreich verlaufenen Kolloquiums am 12. Juli 2018 beendet worden. Dies ergebe sich aus verschiedenen Auslegungsaspekten. Die Verwendung des Wortes „Gesamtergebnis“ in § 15b Abs. 3 BAföG bedeute nicht notwendig ein „Mehr“ als das Bestehen der Abschlussprüfung. Dies ergebe sich u.a. auch aus dem Gesetz selbst, in dem in § 2 Abs. 5 BAföG darauf abgestellt werde, wann die Arbeitskraft des Auszubildenden für die Erwerbstätigkeit (wieder) zur Verfügung stehe. Wenn § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG auf einen davon abweichenden formellen Aspekt abstellte, entstünde ein Widerspruch. Auch in § 15 Abs. 2 BAföG werde auf die „Dauer der Ausbildung“ abgestellt. Es sei zudem auch kein sachlicher Grund erkennbar, denjenigen, der die Gesamtnote zweifellos am Ende seines Kolloquiums kenne, aber noch nicht verbeschieden bekommen habe, besser zu behandeln als denjenigen, der den Bescheid bereits in den Händen halte. In beiden Fällen stünde die Arbeitskraft für die Erwerbstätigkeit vollständig zur Verfügung. Dass der Gesetzgeber diese Aspekte der zur Verfügung stehenden Arbeitskraft offensichtlich habe berücksichtigen wollen, ergebe sich zudem aus der Bundestagesdrucksache 18/2663, S. 41 ff. Auch aus den Erlassen des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 2. Juni 2016 (Az. 25 – 75 104-10, S. 2) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 1. Juni 2016 (414-42501 ÄndG/25, S. 7) ergebe sich, dass als Bekanntgabe des Gesamtergebnisses ausreiche, wenn dem Auszubildenden mitgeteilt werde, dass er die Ausbildung bestanden habe. Soweit das Verwaltungsgericht § 15b Abs. 3 S. 3 BAföG so verstehe, dass das Ausbildungsende weitest möglich nach hinten verschoben werde, um dadurch Förderungslücken im Hinblick auf das anschließende Masterstudium zu schließen, spreche hiergegen die Neuregelung in § 7 Abs. 1a BAföG, wonach die Förderung für Masterstudierende nun bereits ab vorläufiger Zulassung zum Studium ermöglicht werde. Selbst wenn die Bekanntgabe des Gesamtergebnisses erst im Monat August 2018 erfolgt wäre, käme eine Bewilligung von Förderungsleistungen jedenfalls für den Zwischenmonat September 2018 nach § 15b Abs. 2 S. 2 BAföG nicht in Betracht, da die Klägerin in ihrem Antrag für ihr Masterstudium Förderleistungen ausdrücklich erst ab Oktober 2018 begehrt habe.

15

Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig – 3. Kammer – vom 23. Januar 2020 zu ändern und die Klage abzuweisen.

17

Die Klägerin ist in der Berufungsinstanz nicht anwaltlich vertreten und äußert sich nicht.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2018 nicht teilweise aufheben dürfen. Der Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, als der Bewilligungszeitraum für das Bachelorstudium der Klägerin um die Monate August und September 2018 verkürzt und ihr gegenüber eine mit ihren Förderungsansprüchen für Oktober und November 2018 verrechnete Rückforderung in Höhe von 1.298,- EUR festgesetzt worden ist, und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

20

1. Der Senat kann über die Berufung entscheiden, obwohl die Klägerin nicht anwaltlich vertreten ist. Grundsätzlich besteht vor dem Oberverwaltungsgericht Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 S. 1 VwGO. Da die erstinstanzlich obsiegende Klägerin als Berufungsgegnerin jedoch keinen Antrag stellen muss und stellt, muss sie sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen (vgl. im Einzelnen: BayVGH, Urt. v. 7.5.2018 – 11 B 18/12 -, juris Rn. 17; SächsOVG, Beschl. v. 1.10.2019 – 5 A 272/19 -, juris Rn. 2).

21

2. Rechtsgrundlage für die Verkürzung des Bewilligungszeitraumes um die Monate August und September 2018 ist § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1952; Ber. BGBl. 2012 I S. 197), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2018 (BGBl. I. S. 1147).

22

Nach § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG wird der Bewilligungsbescheid zuungunsten des Auszubildenden vom Beginn des Monats an, der auf den Eintritt der Änderung folgt, geändert, wenn sich ein für die Leistung der Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand ändert. Die Änderung eines maßgeblichen Umstandes liegt hier in der Beendigung des Bachelorstudiums der Klägerin. Dabei stellt das Bachelorstudium einen eigenen Ausbildungsabschnitt dar (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 2, 3 BAföG).

23

Der Zeitpunkt der erfolgreichen Beendigung einer Hochschulausbildung – wie hier – ergibt sich aus § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG in der hier maßgeblichen bis zum 21. Juli 2022 geltenden Fassung. Danach ist eine Hochschulausbildung abweichend von den Sätzen 1 und 2 mit Ablauf des Monats beendet, in dem das Gesamtergebnis des erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungsabschnitts bekannt gegeben wird, spätestens jedoch mit Ablauf des zweiten Monats nach dem Monat, in dem der letzte Prüfungsteil abgelegt wurde.

24

Nach Auffassung des Senats knüpft „die Bekanntgabe des Gesamtergebnisses“ nach § 15 Abs. 3 Satz 3 BAföG an die Mitteilung über das Bestehen der letzten Prüfung und des damit verbundenen Wissens über das Bestehen der Abschlussprüfung und nicht an die Mitteilung des im Studium erzielten Gesamtnotendurchschnitts an (vgl. im Ergebnis ebenso: OVG LSA, Urt. v. 5.5.2022 – 4 L 80/21 -, veröffentlicht in juris). Die Klägerin hat am 12. Juli 2018 erfolgreich das vorgesehene Kolloquium als ihre letzte Prüfungsleistung absolviert. Die Prüfungsnote der Abschlussarbeit und des Kolloquiums wird den Studierenden gemäß § 23 Abs. 6 Satz 4 ABPO der Hochschule E. -Stadt im Anschluss an die Prüfung mitgeteilt. Da Studierende zum Kolloquium nur zugelassen werden dürfen, wenn sie die Abschlussarbeit bestanden haben und die Leistungsnachweise aus den begleitenden Lehrveranstaltungen vorliegen (vgl. § 23 Abs. 5 Satz 1 ABPO), und mit Bestehen des Kolloquiums das Abschlussmodul bestanden ist (vgl. § 23 Abs. 7 Satz 2 APBO), hat die Klägerin mit Mitteilung der Prüfungsnote der Abschlussarbeit und des Kolloquiums das Wissen über den erfolgreichen Abschluss ihres Studiums erlangt.

25

Diese Auslegung des § 15 Abs. 3 Satz 3 BAföG ergibt sich schon aus der förderungsrechtlichen Zielsetzung, Förderungsmittel nach dem BAföG nur zu erbringen, solange die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt (§ 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG) und er für den Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht (vgl. OVG LSA, Urt. v. 5.5.2022 – 4 L 80/21 -, juris Rn. 26). Mit Abschluss der letzten Prüfung am 12. Juli 2018 stand die Arbeitskraft der Klägerin jedenfalls bis zum Beginn des Masterstudiums im Oktober 2018 wieder voll zur Verfügung.

26

Dem steht auch nicht der Wortlaut des § 15b Abs. 3 BAföG entgegen. Nur weil in § 15b Abs. 3 Sätze 1 und 2 – anders als in § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG, in dem es auf die „Bekanntgabe des Gesamtergebnisses“ ankommt – auf das „Bestehen der Abschlussprüfung“ (Satz 1) und „das Datum der Erteilung des Prüfungszeugnisses“ (Satz 2) abgestellt wird, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG die Bekanntgabe des Gesamtergebnisses in Form einer Gesamtnote erfordere. Durch diese Formulierung kann vielmehr auch der gegenteilige Schluss gezogen werden, und zwar, dass es gerade auf eine Abschlussprüfung, ein Zeugnis oder ein Gesamtergebnis in Form einer Note nicht ankommt, sondern ausschließlich auf den von einer Benotung unabhängigen erfolgreichen Abschluss des letzten Ausbildungsabschnitts (vgl. OVG LSA, Urt. v. 5.5.2022 – 4 L 80/21 -, juris Rn. 26). Der Wortlaut der Regelung ist mithin nicht eindeutig.

27

Der seinerzeit vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck der Regelung stützt indessen die Sichtweise, dass es nicht auf die Mitteilung des Gesamtergebnisses in Form einer Gesamtnote ankommen kann. Mit der Neuregelung der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung des § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, Studierenden grundsätzlich nicht länger die Phase der Ungewissheit über den Ausgang des Abschlussversuchs ab dem Zeitpunkt des letzten Prüfungsteils bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses des Studienabschlusses komplett als eigenes Risiko anzulasten. Vielmehr sollte ihnen künftig durchgängig Förderung grundsätzlich bis zum Monatsende nach der Bekanntgabe des Gesamtergebnisses gewährt werden, die z.B. bereits mündlich unmittelbar im Anschluss an den letzten Prüfungsteil erfolgen kann oder aber auch ggf. erst durch Erhalt des Abschlusszeugnisses selbst (vgl. BT-Drs. 18/2663, S. 41f.) Es ging dem Gesetzgeber also bei Einführung dieser Norm nicht darum, eine Überbrückungsregelung für die gesamte Zeitspanne bis zum Masterstudium zu schaffen, sondern darum, den Studierenden in der Phase förderungsrechtlich Sicherheit zu verschaffen, in der Ungewissheit über das Bestehen des Studiums besteht. Maßgeblich ist danach, ab welchem Zeitpunkt die Klägerin keine Ungewissheit mehr über den Ausgang ihres Studiums hatte. Nach Abschluss des letzten Prüfungsabschnitts am 12. Juli 2018 und der darauffolgenden Bekanntgabe der Benotung der Abschlussarbeit und des Kolloquiums ist gerade diese Phase der Ungewissheit, der der Studierende zwischen seiner letzten Prüfung und der Bekanntgabe des Gesamtergebnisses ausgesetzt sein kann, beendet worden. Denn die Klägerin hat ab diesem Zeitpunkt die Gewissheit erlangt, das Studium erfolgreich abgeschlossen zu haben. Dieses Ergebnis konnte ihr nach der Gesetzesbegründung explizit – wie hier – auch mündlich mitgeteilt werden.

28

Ein darüber hinausgehender Zweck der Regelung des § 15b Abs. 3 BAföG ist nicht erkennbar. Zwar führt das Verwaltungsgericht zu Recht aus, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung die unbeabsichtigten Förderungsunterbrechungen zwischen Bachelor- und Masterstudium weitgehend habe vermeiden wollen (vgl. BT-Drs. 18/2663, S. 1). Dies kann aber sachgerecht nicht durch das weitest mögliche Verschieben des Ausbildungsendes nach hinten erreicht werden, zumal derjenige, der sein Gesamtergebnis in Form einer Note unmittelbar nach Abschluss der letzten Prüfungsleistung erhält, förderungsrechtlich schlechter stünde, als derjenige, der sein Gesamtergebnis in Form einer Note erst später bzw. kurz vor Beginn seines Masterstudiums bekommt. Obwohl es in beiden Fällen um die Überbrückung der Zeit zwischen Bachelor- und Masterstudium ginge und beiden Studierenden das Bestehen des Bachelorstudiums bekannt wäre, wäre Letzterer, der sich seine Abschlussnote im Zweifel auch bereits ausgerechnet hat, förderungsrechtlich besser gestellt.

29

Dem Umstand der „unbeabsichtigten Förderungsunterbrechung“ wird vielmehr durch die im Rahmen der Gesetzesänderung aufgenommene Regelung des § 7 Abs. 1a Satz 3 BAföG Rechnung getragen. Danach wird die Förderung eines Masterstudiengangs schon ermöglicht, wenn der Auszubildende vor vollständigem Abschluss des Bachelorstudiums vorläufig zum Masterstudiengang zugelassen wurde (vgl. Nolte: in Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkomm. SRB, 2. Aufl. 2018, § 7 Rn. 9; Schepers, BAföG, 3. Aufl. 2016, § 7 Rn. 4).

30

Die hier vertretene Auslegung des § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG deckt sich – ohne dass diese Erlasse für den Senat bindend wären – mit der Auslegung dieser Norm durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung vom 1. Juni 2016 (Az. 414-42501-ÄndG/25, S. 7) und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur vom 2. Juni 2016 (Az. 25 – 75 104-10, S. 2). Nach den Erlassen reicht es nämlich als Bekanntgabe aus, wenn dem Auszubildenden mitgeteilt werde, dass er die Ausbildung bestanden habe.

31

Insbesondere wird die vertretene Auffassung schließlich durch den geänderten Wortlaut des nunmehr seit dem 22. Juli 2022 geltenden § 15b Abs. 3 Satz 3 BAföG gestützt, wonach eine Hochschulausbildung abweichend von den Sätzen 1 und 2 mit Ablauf des Monats beendet ist, in welchem der erfolgreiche Abschluss des Ausbildungsabschnitts der oder dem Auszubildenden erstmalig bekanntgegeben wird, spätestens […]. Durch die Gesetzesänderung soll das Missverständnis, dass es für das Ende der Hochschulausbildung und damit auch der Förderungsdauer nach dem BAföG auf die Bekanntgabe der Gesamtnote des Abschlusses bzw. auf die Aushändigung des Abschlusszeugnisses selbst ankomme, vermieden werden (vgl. BT-Drs. 20/1631, S. 29 zu Nr. 10). Der Gesetzgeber hat durch diese Klarstellung die Intention auch der Vorgängerfassung nochmals ausdrücklich verdeutlicht.

32

Ein Anspruch der Klägerin auf Förderungsleistung nur für den Monat September 2018 als Zwischenmonat liegt nicht vor. Nach § 15b Abs. 2 BAföG gilt die Ausbildung abweichend von Absatz 1 als bereits zu Beginn dieses Monats aufgenommen, wenn zwischen dem Ende eines Ausbildungsabschnitts und dem Beginn eines anderen nur ein Monat liegt. Der Kalendermonat ist in den ersten Bewilligungszeitraum des späteren Ausbildungsabschnitts einzubeziehen. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen hier bereits nicht vor. Da – wie bereits ausgeführt – das Studium der Klägerin zum Ende des Monats ihrer Abschlussprüfung vom 12. Juli 2018 endete, liegen zwischen der Beendigung des Bachelorstudiums und dem Beginn des Masterstudiums im Oktober 2018 die Monate August und September 2018 und somit nicht nur ein, sondern zwei Zwischenmonat(e).

33

Mithin hat die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 30. November 2018 den Bewilligungszeitraum Oktober 2017 bis September 2018 um die Monate August und September 2018 verkürzt. Den hieraus resultierenden Rückforderungsanspruch iHv 1298,- EUR (2 * 649 EUR) durfte die Beklagte gegen die Ansprüche der Klägerin auf Förderungsleistung für die abgelaufenen Monate Oktober und November 2018 iHv 1298,- EUR (2 * 649 EUR) nach § 19 Satz 1 BAföG aufrechnen.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

35

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

 


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Original Quelle Niedersachsen.de

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