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rbb – Rundfunk Berlin-Brandenburg
Berlin (ots)
Die Kosten für den Neubau des Schiffshebewerks Niederfinow sind womöglich um gut 100 Millionen Euro zu hoch.
Das geht aus einem vorläufigen Prüfbericht des Bundesrechnungshofes (BRH) hervor, der der Redaktion rbb24-Recherche exklusiv vorliegt. Das Bundesverkehrsministerium habe demnach Nachzahlungen veranlasst, die völlig überhöht gewesen seien. Von Seiten des Bundesfinanzministeriums wurde die Summe genehmigt.
Nach Berechnungen des BRH habe das Bundesverkehrsministerium mit dem Baukonsortium – einer „ARGE“ aus mehreren Bau-Firmen – einen Vergleich über insgesamt 107,4 Mio. Euro abgeschlossen. Die Firmen hatten wegen Bauzeitverlängerungen und Kostensteigerungen Nachträge in Höhe von 218 Millionen Euro gefordert. Diese Forderungen entbehrten nach der Bewertung des Rechnungshofs jeder Grundlage. Die Gesamtkosten für den Neubau sollten ursprünglich 208,6 Mio. Euro betragen, der Schlussbetrag liegt bei 391 Mio. Euro. Die Forderungen der ARGE, die dem Vergleich zugrunde lagen, seien „willkürlich“ festgelegt worden, sie beruhten auf „unbelegten Annahmen“, die die Fachebene „in allen wesentlichen Belangen bezweifelt“ habe. Das Ergebnis sei „beliebig und mithin völlig ungeeignet, als Basis für einen Vergleich zu dienen“.
Das Bundesverkehrsministerium von Minister Volker Wissing (FDP) rechtfertigt den Vergleich auf Anfrage von rbb24-Recherche mit der notwendigen Beilegung von Streitigkeiten zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer. „Kurz vor der Fertigstellung“, so ein Sprecher des Ministeriums, „drohten die Streitigkeiten zu einem Baustillstand (…) zu führen“. Ein vollständiges Scheitern des Bauprojektes sei ein konkretes Szenario gewesen: „Jahrelange Rechtsstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang wären die Folge gewesen.“ Am Ende seien die Streitigkeiten dann mit dem Vergleich beigelegt worden.
Aus dem Finanzministerium hieß es dazu, das Verkehrsministerium habe „die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Vergleichs plausibel dargelegt“. Das Ganze sei wie üblich auf Referatsebene entschieden, Minister Christian Lindner (FDP) sei weder eingebunden noch informiert worden.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Gelbhaar, der sich schon 2021 in einer parlamentarischen Anfrage für die Kostenexplosion beim Schiffshebewerk interessierte, sieht angesichts der Einschätzung des BRH Aufklärungsbedarf: „Das Thema wird natürlich auch die Staatsanwaltschaft interessieren, wenn es einen so großen Schaden gibt und die Gründe dafür unklar sind.“
Der Bundesrechnungshof wollte sich zu den Vorwürfen nicht im Detail äußern. Die Prüfungsergebnisse seien den Ministerien zur Stellungnahme zugegangen. Die Bewertung sei noch nicht abgeschlossen.
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