Gesine Schwan hätte gerne Bundespräsidentin gehabt

Gesine Schwan, über dts Nachrichtenagentur


Foto: Gesine Schwan, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die zweimalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin Gesine Schwan (SPD) hätte sich gut eine Bundespräsidentin vorstellen können statt Frank-Walter Steinmeier eine weitere Amtszeit zuzugestehen. Das sei nur das Resultat machttaktischer Überlegungen gewesen, sagte sie dem Nachrichtensender „Welt“.

Dabei sei eigentlich klar, dass eine „rein männliche Perspektive“ auf die Gesellschaft „einfach nicht reicht“. Es sei wichtig, „dass es nicht immer, sozusagen, wie `Der Familienvater spricht für seine Kinder` wirkt“, so Schwan. „Ich glaube es wäre sehr gut, wenn jetzt irgendwann mal das Amt aus der Perspektive der Frau geführt würde.“ Die Gesellschaft sei längst reif für eine Bundespräsidentin, da ist sich Gesine Schwan sicher: „Wir haben ja überall den Aufbruch und auch die Erkenntnis, dass eine rein männliche Perspektive, die in sich durchaus unterschiedlich sein kann, einfach nicht reicht. Und gerade in kritischen Situationen werden ja oft Frauen geholt, um Konflikte zu schlichten, in Unternehmen etwas voranzubringen und so weiter.“

Ganz abgesehen davon, dass sich viele Frauen auch bestärkt fühlen würden, wenn das Amt nun auch endlich mal einer Frau zugetraut würde, so die Sozialdemokratin. „Aber ich glaube, dass die Gesellschaft auch durchaus reif dafür ist und das gern hätte.“ Am Ende hätten nur machttaktische Erwägungen eine Frau im ersten Amt des Staates verhindert, vermutet Schwan: „So waren die politischen Machtverhältnisse.“

Und da sei es dann für die verschiedenen Akteure nicht in erster Linie wichtig, ob eine Frau im Amt ist. „Im Endeffekt, so ist meine Erfahrung, zählen immer letztlich machttaktische Überlegungen, natürlich mit dem Hintergrund der Persönlichkeiten, auch, aber die Parteien haben da ihre Prioritäten – und in der Regel ist das dann letztlich nicht die Priorität, dass da eine Frau in das Amt muss.“ Grundsätzlich würden Frauen Kompetenzen und Lebenserfahrungen mitbringen, die eine andere Sicht auf die Gesellschaft ermöglichen könnten, so Schwan: „Viele Frauen haben einfach schon mal andere Lebenserfahrungen. Es geht damit los, dass sehr viele neben dem Beruf – wenn sie berufstätig erfolgreich sind – viele Familienerfahrungen haben.“

Sie hätten viel mehr Erfahrungen mit menschlicher Schwäche. „Sie haben Erfahrung mit Sorgearbeit, mit den Problemen, wie es ist, wenn man hintenansteht. Also, sie sind nicht überall die Sieger auf der Straße, das ist eine wichtige Perspektive, die wir brauchen.“ Und sie seien nach wie vor auch benachteiligt.

„Wir haben es gerade wieder gesehen, dass der Gehalts- oder Lohngap enorm ist in Deutschland. Aber es wäre jetzt gar nicht gut, wenn der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin sozusagen Lobbyarbeit macht für Frauen, das ist auch gar nicht nötig.“ Man könne eine Menge, man könne eine Menge mehr, weil man alle diese sozialen Erfahrungen habe und auch die Intuition dafür – „und das wäre jetzt auch nicht schlecht“. An sich sei Frank-Walter Steinmeier ein sehr guter Bundespräsident – aber etwas mehr „geistige Innovation“ und Anregung für unbequeme gesellschaftliche Diskussionen würde ich Schwan für Steinmeiers nächste Amtszeit dann doch wünschen.

dts Nachrichtenagentur

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