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rbb – Rundfunk Berlin-Brandenburg
Berlin/Eberswalde (ots)
SPERRFRIST FREITAG 6 Uhr
Der Ex-Bürgermeister von Eberswalde und heutige Bundestagsabgeordnete Friedhelm Boginski (FDP) profitierte nach Informationen von rbb24 Recherche im Bundestagswahlkampf 2021 von Parteispenden für den FDP-Kreisverband Eberswalde. Zugleich war er als Bürgermeister in die Abwicklung eines Grundstücksgeschäfts eines Spenders einbezogen. Nach Auffassung von Strafrechtsexperten und Transparency International könnte diese Verquickung strafrechtliche Folgen haben.
Konkret geht es um das ehemalige NVA-Gelände in Eberswalde. Dort sollen Hunderte Wohnungen entstehen. Zwei einheimische Investoren kauften 2017 das Areal. Ihre Firma, die „Schwärzetal Projekt GmbH“ sollte das Projekt abwickeln und schloss dafür 2020 mit der Stadt einen sogenannten Städtebaulichen Vertrag ab.
Am 11. März 2021 verkauften die Investoren das Areal an die BUWOG Bauträger GmbH, eine Tochter des Konzernriesen VONOVIA. Verkäufer und Käufer waren bei der Abwicklung des Verkaufs auf die Zustimmung der Stadt und der Stadtverordnetenversammlung angewiesen. Der Kaufvertrag beinhaltete, dass das Geschäft erst rechtswirksam wird, wenn die Stadt Eberswalde der Übernahme des Städtebaulichen Vertrags durch den Käufer zustimmt. Erst danach sollte laut Kaufvertrag, der dem rbb vorliegt, auch der Kaufpreis fällig werden.
Fast zeitgleich gab Friedhelm Boginski seine Kandidatur für den Bundestag bekannt. Nach rbb-Informationen erhielt der FDP-Kreisverband Kreisverband Eberswalde kurze Zeit später über einen der Geschäftsführer der „Schwärzetal Projekt GmbH“ – also die alten Investoren, die wollen, dass der Kaufvertrag mit der BUWOG durch die Stadt rechtswirksam wird – eine Parteispende. Der Betrag soll etwas unter 10.000 Euro gelegen haben und war somit nicht meldepflichtig. Friedhelm Boginski bestätigte im rbb-Interview, dass er von dieser Spende wusste und damit auch Wahlkampfkosten bestritten wurden. Im Mai 2021 soll es eine weitere, vierstellige Wahlspende durch eine andere Firma des Verkäufers gegeben haben.
Im Frühsommer reichte Boginski einen vom Stadtentwicklungsamt vorbereiteten „Beschluss zur Überleitung des Städtebaulichen Vertrages“ in die Stadtverordnetenversammlung (SVV) ein und setzte ihn später gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Martin Hoeck, der auch als sein Wahlkampfmanager fungierte, für den 21. September 2021 auf die Tagesordnung. Die Stadtverordneten wurden nicht über die Parteispenden an die FDP unterrichtet.
Nach Auffassung des Stadtverordneten und Landtagsabgeordneten Sebastian Walter (DIE LINKE) betrieb man die Überleitung des Städtebaulichen Vertrags unter großem Zeitdruck: „Auf einmal im Spätsommer, im August, September wurde da ein massiver Zeitdruck gemacht, den ich überhaupt nicht verstanden habe und der auch nicht nötig gewesen wäre.“
Matthias Einmal von Transparency International sagt, Boginski hätte sich wegen der ihm bekannten Wahlkampfspende aus dem Verfahren heraushalten sollen, auch keine Verträge unterschreiben sollen, um jeden Verdacht der Befangenheit auszuschließen. Matthias Einmal sagte im rbb-Interview, Boginski hätte wegen der Spende sagen müssen: „Ich habe mit dem gesamten Verfahren rund um diesen Städtebaulichen Vertrag nichts mehr zu tun. Das muss dann nur mein Vertreter machen.“
Martin Heger, Strafrechtler und Leiter der Juristischen Fakultät der Humboldt Universität, sieht im Ablauf einen möglichen Straftatbestand:
„Man muss prüfen, ob es eine Vorteilsannahme oder sogar Bestechlichkeit ist.“ Der Bürgermeister sei, so Heger, mit zuständig für die Tagungsordnung der Stadtverordnetensitzung, in der über die Überleitung abgestimmt wurde. Es müsse nun durch die zuständige Staatsanwaltschaft geprüft werden, ob Boginski „etwas auf den Wunsch eines Spenders hin möglichst frühzeitig platziert“ habe. Sollte dies geschehen sein, so hätte er „sein Ermessen letztlich im Interesse des Spenders“ ausgeübt. „Das wäre sogar als Bestechlichkeit strafbar.“
Boginski bestreitet auf rbb-Anfrage, dass die Spende Einfluss auf seine Arbeit als Bürgermeister und die Abwicklung des neuen Vertrags gehabt habe. Die inhaltliche Arbeit hätte das zuständige Amt gemacht, wie üblich.
Acht Stadtverordnete stimmten im September 2021 gegen den Vertrag oder enthielten sich. Für Carsten Zinn haben die Abläufe „mehr als ein Geschmäckle“. Michael Mai findet das unbegreiflich. Seine Kollegin, Katja Lösche, sieht darin eine „große Schweinerei“.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) ermittelt bereits seit Dezember 2021 gegen Friedhelm Boginski wegen des Verdachts der Untreue. Ausgangspunkt waren rbb-Recherchen, die belegten, dass Boginski sich im Wahlkampf von seiner Rathaus-Sekretärin während ihrer regulären Arbeitszeit unterstützen ließ.
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