Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 1. Senat | 1 ME 97/22 | Beschluss | Unzulässige Rechtsausübung eines Nachbarn bei einer Grenzabstandverletzung
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Unzulässige Rechtsausübung eines Nachbarn bei einer Grenzabstandverletzung
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1. Ein Nachbar kann aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung gehindert sein, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er in vergleichbarer Weise gegen diese Vorschriften verstoßen hat. Das ist bei Verletzungen der Grenzabstandsvorschriften der Fall, wenn die wechselseitigen Verletzungen bei wertender Betrachtung einander entsprechen.
2. Dabei kommt es nicht auf eine zentimetergenaue Entsprechung an. Die Störung des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses ist vielmehr anhand der konkreten Auswirkungen zu beurteilen, wobei es insbesondere (auch) darauf ankommt, welche Abstandsschatten diese Gebäudeteile auf das Grundstück des jeweils anderen werfen und in welcher Weise sie hierdurch bei Würdigung der konkreten Verhältnisse diejenigen Belange beeinträchtigen, welche die Grenzabstandsvorschriften zu schützen bestimmt sind.
3. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greift nicht erst dann, wenn das unter Verletzung des Grenzabstands errichtete Gebäude dem hinzutretenden Vorhaben genau gegenüberliegt, sondern erfasst auch alle sonstigen in einer Beziehung zueinander stehenden Bauten.
OVG Lüneburg 1. Senat,
Beschluss vom
30.11.2022, 1 ME 97/22, ECLI:DE:OVGNI:2022:1130.1ME97.22.00
§ 5 BauO ND
Verfahrensgang
vorgehend VG Göttingen, 17. August 2022, Az: 2 B 158/22, Beschluss
Tenor
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Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Umbau und anschließender Wohnnutzung eines bereits bestehenden Gebäudeteils.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Flurstücks Gemarkung E., Flur F., Flurstück G. unter der postalischen Adresse A-Straße in A-Stadt, Ortsteil E.. Südlich dieses Grundstücks befindet sich das Grundstück der Beigeladenen auf dem Flurstück Gemarkung E., Flur F., Flurstück H. unter der postalischen Adresse I. J. K..
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Beide Grundstücke bildeten zusammen bis zur Teilung durch notariellen Vertrag vom 16. September 1977 das Flurstück Gemarkung E., Flur F., Flurstück L., das zu der Zeit im gemeinsamen Eigentum der Vertragsparteien stand. Der notarielle Vertrag beinhaltete unter anderem folgende Vereinbarungen:
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„Wir [gemeint: die Vertragsparteien] beabsichtigen, das Grundstück zu teilen. Die Trennlinie soll entlang der Scheune verlaufen.
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1.
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Der jeweilige Eigentümer des nördlichen Teilstücks des Flurstücks L. verpflichtet sich, die im anliegenden Lageplan gelb schraffierte Fläche in einer Breite von vier Meter parallel zur neu zu bildenden Trennlinie verlaufend entlang der Scheune bei der Bemessung des Grenzabstands dem nördlichen Teilstück zuzurechnen und seine baulichen Anlagen von der gelb schraffierten Fläche in dem vorgeschriebenen Grenzabstand zu halten.“
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Im Baulastenverzeichnis der Antragsgegnerin wurde in Vollzug dieses Vertrags eine Baulast auf dem Grundstück der Antragstellerin mit folgendem Inhalt eingetragen:
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„Der jeweilige Eigentümer des zukünftigen nördlichen Grundstückes A-Straße gestattet, daß von seinem Grundstück eine Teilfläche von 4 m Breite, die im Lageplan gelb schraffiert ist, dem Nachbargrundstück, I. J. K. bei der Bemessung des Grenzabstands der vorhandenen Scheune zugerechnet wird. Er ist verpflichtet, mit seinen baulichen Anlagen von dieser Teilfläche den vorgeschriebenen Grenzabstand zu halten.“
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Westlich des Grundstücks der Beigeladenen liegt das von der Antragstellerin und ihrem Ehemann zwischenzeitlich erworbene Grundstück I. J. M. (Gemarkung E., Flur F., Flurstück N.). Im südlichen, zur Straße hin orientierten Grundstücksbereich ist dieses über eine Länge von 8,80 m auf die Grenze zum Grundstück der Beigeladenen mit einem Wohnhaus bebaut. Im nördlichen Bereich haben die Rechtsvorgänger der Beigeladenen das ehemals als Scheune genutzte Gebäude auf einer Länge von 12,32 m auf der Grenze errichtet.
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Unter dem 30. Mai 2022 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Wohnnutzung der ehemals landwirtschaftlich genutzten Scheune. Laut Genehmigung soll im westlichen, zum Nachbargrundstück hin fensterlosen Teil der Scheune ein Hobbyraum entstehen.
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Gegen diese Baugenehmigung legten die Eigentümer des westlich gelegenen Grundstücks I. J. M. Widerspruch ein und rügten eine Grenzabstandsverletzung.
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Auch die Antragstellerin, zu der Zeit nur Eigentümerin des nördlich gelegenen Grundstücks A-Straße, erhob Widerspruch gegen die Baugenehmigung und beantragte erfolglos die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs. Den daraufhin beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, wies das Gericht mit Beschluss vom 17. August 2022 zurück. Zur Begründung führte es u.a. aus, die angefochtene Baugenehmigung verstoße nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Baulast seinerzeit ausschließlich eingetragen worden sei, um ein als Scheune genutztes Gebäude baurechtlich zu legalisieren. Die Bezugnahme auf die vorhandene Scheune habe nur den Anlass für die Baulast, die Grundstücksteilung an dieser Stelle im Hinblick auf ein vorhandenes Gebäude zu ermöglichen, konkretisieren sollen.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die – mit einem Antrag auf vorläufige Nutzungsuntersagung verbundene und nach zwischenzeitlicher Bescheidung ihres Widerspruchs auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer bereits erhobenen Klage gerichtete – Beschwerde der Antragstellerin, die sowohl eine Verletzung der aus ihrem Eigentum an dem nördlich vom Vorhabengrundstück gelegenen Grundstück resultierenden Rechte geltend macht, als auch nach zwischenzeitlichem Eigentumserwerb eine Verletzung ihrer Rechte als (Mit-)Eigentümerin des Grundstücks I. J. M..
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II.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
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1.
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Zu Unrecht rügt die Antragstellerin eine Verletzung des Grenzabstands zu ihrem nördlich gelegenen Grundstück I. J. O. durch die Änderung der Nutzung der grenzständigen Scheune auf dem Grundstück der Beigeladenen. Dem steht die auf diesem Grundstück lastende Abstandsbaulast entgegen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Abstandsbaulast nicht vorhabenbezogen.
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Gegen eine Begrenzung der Baulast auf die bestehende Scheune spricht bereits der Wortlaut. Danach wird eine Teilfläche von 4 m Breite dem südlichen Grundstück zugerechnet, d.h. ein 4 m breiter Streifen parallel zum Grenzverlauf. Wie die Antragstellerin zutreffend ausführt, gilt in Niedersachsen das Punktabstandsprinzip. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 NBauO müssen Gebäude mit allen auf ihren Außenflächen oberhalb der Geländefläche gelegenen Punkten von den Grenzen des Baugrundstücks Abstand halten. Infolge dessen ergeben sich Abstandszonen mit ausgerundeten Ecken (vgl. Breyer, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 5 Rn. 46). Wäre es nur darum gegangen, eine Abstandsfläche zur bestehenden Scheune zu erreichen, die nicht auf der gesamten Grundstücksgrenze nach Norden bestand, hätte es demnach am östlichen Ende der Scheune genügt, den Flächeninhalt eines Viertelkreises mit der nordöstlichen Ecke der Scheune als Mittelpunkt und mit dem Radius des einzuhaltenden Grenzabstands auf dem nördlich gelegenen Grundstück dem südlich gelegenen Grundstück zuzuschlagen. Stattdessen ergibt sich aus dem Wortlaut der Eintragung, dass ein 4 m breiter Streifen über die gesamte Grenzfläche von Bebauung freizuhalten ist, also auch in dem von der Antragstellerin aus gesehen südöstlichen Grenzbereich, in dem seinerzeit kein Teil der Scheune an das Grundstück der Antragstellerin grenzte. In der der Eintragung beigefügten Zeichnung ist dieser Streifen auch parallel zur gesamten Grenze eingezeichnet und gelb markiert.
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Die beigefügte Zeichnung nimmt – wie aus den das Grundstück der Antragsgegnerin betreffenden Bauakten ersichtlich – ihrerseits Bezug auf die notarielle Verpflichtungserklärung, die ihrerseits zur Auslegung des Umfangs der Baulast herangezogen werden muss (vgl. Senatsbeschl. v. 29.6.2017 – 1 LA 151/16 -, BauR 2017, 1673 = BRS 85 Nr. 116 = juris Rn. 13). Aus dem eingangs zitierten Wortlaut geht hervor, dass die Vertragsparteien mit der Scheune lediglich den Ort der Trennlinie bezeichnen wollten. So verpflichtet sich der Eigentümer des nördlichen Teilstücks, einen 4 m breiten Streifen „parallel zur neu zu bildenden Trennlinie verlaufend entlang der Scheune bei der Bemessung des Grenzabstands dem nördlichen (gemeint: südlichen) Teilstück zuzurechnen.“ Der Bezug auf die Scheune erfolgt hier ersichtlich nur zur näheren Beschreibung der Lage der Trennlinie.
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Auf die weiteren Einwände der Antragstellerin, eine Baulast sei auch nicht aus anderen Gründen entbehrlich, insbesondere existiere zumindest in nördlicher Richtung keine abweichende Bauweise, die eine grenzständige Bebauung ermögliche, kommt es daher nicht an.
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2.
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Die Antragstellerin kann sich auf eine etwaige Verletzung des Grenzabstands zum nunmehr im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstück unter der postalischen Adresse I. J. M. (Gemarkung E., Flur F., Flurstück N.) nicht berufen, weil ihr ein Abwehranspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung nicht zusteht.
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Der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz beruht auf einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit. Aus der Störung des nachbarlichen Gleichgewichts und nicht schon aus der Abweichung von öffentlich-rechtlichen Normen ergibt sich der Abwehranspruch des Nachbarn. Hieraus folgt, dass ein Nachbar aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung gehindert sein kann, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er in vergleichbarer Weise gegen diese Vorschriften verstoßen hat. Soweit das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis nicht gestört wird, d.h. die Verletzungen der Grenzabstandsvorschriften bei wertender Betrachtung einander entsprechen, ist ein Abwehranspruch ausgeschlossen (st. Senatsrspr., vgl. hierzu u.a. Urt. v. 12.9.1984 – 6 A 49/83 -, BRS 42 Nr. 196; Beschl. v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 -, BRS 62 Nr. 190 = BauR 1999, 1163 = juris Rn. 43; Beschl. v. 20.10.2014 – 1 LA 103/14 -, BRS 82 Nr. 192 = BauR 2015, 246 = juris; Beschl. v. 12.4.2017 – 1 ME 34/17 -, BRS 85 Nr. 129 = BauR 2017, 1350 = juris Rn. 12; Beschl. v. 17.11.2021 – 1 ME 34/21 -, BauR 2022, 223 = juris Rn. 17). Dies ist hier der Fall.
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Das an das Wohngebäude östlich angrenzende Gebäude auf dem Grundstück Lange Straße 17 hält seinerseits ebenfalls nicht den Grenzabstand ein. Die Grenzabstandsverletzungen entsprechen einander auch bei der gebotenen wertenden Betrachtung. Dem steht nicht entgegen, dass das 12,32 m lange Gebäude der Beigeladenen ein etwa 3,50 m längeres Teilstück der Grenze in Anspruch nimmt als das nur ca. 8,80 m lang auf der Grenze errichtete Gebäude der Antragstellerin. Bei Verstößen gegen Grenzabstandsvorschriften kommt es nicht auf eine zentimetergenaue Entsprechung an (vgl. Senatsbeschl. v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 -, BRS 62 Nr. 190 = BauR 1999, 1163 = juris Rn. 43; Beschl. v. 9.9.2004 – 1 ME 194/04 -, BRS 67 Nr. 188 = BauR 2005, 372 = juris Rn. 15 f.). Die „Störung“ des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses ist vielmehr anhand der konkreten Auswirkungen zu beurteilen, wobei es insbesondere (auch) darauf ankommt, welche Abstandsschatten diese Gebäudeteile auf das Grundstück des jeweils anderen werfen und in welcher Weise sie hierdurch bei Würdigung der konkreten Verhältnisse diejenigen Belange beeinträchtigen, welche die Grenzabstandsvorschriften zu schützen bestimmt sind (vgl. Senatsbeschl. v. 9.9.2004 – 1 ME 194/04 -, BRS 67 Nr. 188 = BauR 2005, 372 = juris Rn. 17). Das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis, welches den Nachbarn zu „treuem“, das heißt fairem Verhalten verpflichtet, ist dann in einer Abwehrmaßnahmen nach wie vor zulassenden Weise gestört, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben schwerer wiegt, als die Inanspruchnahme des Bauwiches durch den sich wehrenden Nachbarn (Senatsbeschl. v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 -, BRS 62 Nr. 190 = BauR 1999, 1163 = juris Rn. 43).
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Gemessen an diesem Maßstab wiegt die Inanspruchnahme der Grenze durch die Beigeladene auf einer größeren Länge nicht schwerer als die Inanspruchnahme durch die Antragstellerin. In die wertende Betrachtung ist einzubeziehen, dass sich das Gebäude der Beigeladenen im von der Straße aus gesehenen hinteren Grenzbereich befindet und dort, soweit erkennbar, keiner Nutzung des Nachbargrundstücks direkt gegenübersteht. Im Vergleich dazu steht das grenzständige Gebäude der Antragstellerin einer dort bestehenden und von der Nutzungsänderung nicht betroffenen Wohnnutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen gegenüber. Die Zwecke der Abstandsvorschriften, nämlich Belichtung, Besonnung und Belüftung sicherzustellen, beeinträchtigt das Gebäude der Beigeladenen nicht. Die Nutzungen beider Gebäudeteile entsprechen einander auch wertungsmäßig. Die genehmigte Nutzungsänderung auf dem Grundstück der Beigeladenen erlaubt lediglich im Obergeschoss der ehemaligen Scheune eine Nutzung als Hobbyraum. Dadurch, dass durch die Baugenehmigung vorgegeben wird, noch bestehende Fensteröffnungen zum Grundstück I. J. M. der Antragstellerin zu verschließen, wird diese Nutzung auf dem Grundstück der Antragstellerin kaum wahrnehmbar sein. Die Nutzung des grenzständigen Gebäudes auf dem Grundstück der Antragstellerin ist zwar nicht näher bekannt, kann aber damit verglichen höchstens ein Mehr an Beeinträchtigung auf dem Grundstück der Beigeladenen hervorrufen.
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Dass sich beide Gebäudeteile, also das Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin und die grenzständige Scheune im nördlichen Bereich des Grundstücks der Beigeladenen, nicht direkt gegenüberstehen, steht dem Einwand unzulässiger Rechtsausübung ebenfalls nicht entgegen. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greift nicht erst dann, wenn das unter Verletzung des Grenzabstands errichtete Gebäude dem hinzutretenden Vorhaben genau gegenüberliegt, sondern erfasst auch alle sonstigen „in einer Beziehung zueinander“ stehenden Bauten (vgl. Senatsbeschl. v. 20.10.2014 – 1 LA 103/14 -, BRS 82 Nr. 192 = BauR 2015, 246 = juris Rn. 8; Senatsbeschl. v. 17.11.2021 – 1 ME 34/21 -, BauR 2022, 223 = juris Rn. 20).
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Darauf, ob gemäß § 5 Abs. 10 Nr. 1 und Nr. 2 NBauO eine Grenzabstandsverletzung ausgeschlossen ist, kommt es daher nicht an.
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Die Baugenehmigung verletzt auch nicht deshalb die Antragstellerin als Nachbarin schützende Vorschriften, weil die Antragsgegnerin nicht das Fehlen eines bautechnischen Nachweises bezüglich des Brandschutzes beanstandet hat. Einen solchen Nachweis musste die Beigeladene nicht erbringen.
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Gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 NBauO sind zum Bauantrag alle für die Beurteilung der Baumaßnahmen und die Bearbeitung erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Den Umfang der zu übermittelnden Unterlagen bestimmt die NBauVorlVO gemäß § 1 Nr. 1 dieser Verordnung. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 NBauVorlVO ist der Nachweis des Brandschutzes (§ 15 NBauVorlVO) zusammen mit dem Bauantrag zu übermitteln, wenn eine bauaufsichtliche Prüfung dieses Nachweises vorgeschrieben ist. Gemäß § 65 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2, Halbsatz 2 NBauO sind die Nachweise des Brandschutzes (nur) für bauliche Anlagen gemäß Abs. 3 Satz 2 zu prüfen. Eine Prüfung ist daher für Wohngebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 vorgeschrieben (§ 65 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NBauO), nicht aber für Wohngebäude der Gebäudeklasse 3. Zu dieser zählt aber das hier beantragte Bauvorhaben.
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4.
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Ist die Beschwerde mithin zurückzuweisen, besteht auch kein Anspruch auf Erlass einer vorläufigen Sicherungsmaßnahme in Gestalt einer Nutzungsuntersagung (§ 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO, § 79 Abs. 1 NBauO).
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5.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt, dass die Antragstellerin ihre Einwände in der Beschwerdeinstanz erstmals auch aus dem Eigentum an dem Grundstück E. F. G. hergeleitet hat.
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