
Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Braunschweig 1. Kammer | 1 A 17/21 | Urteil | Zulassung von Pflanzenschutzmitteln; aquatische Risikobewertung
Sie erwidert zuletzt insbesondere: Hinsichtlich der aquatischen Risikobewertung, die Anlass für die Versagung der Zulassung für die Anwendungsgebiete 00-001 bis 00-004 und für die Festsetzung der angegriffenen Anwendungsbestimmungen gewesen sei, sei entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin der Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich. Die Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors von 30 in der aquatischen Risikobewertung sei auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Bereits bei der Notifizierung des einschlägigen Guidance Document der EFSA habe das UBA darauf hingewiesen, dass die Verwendung des Endpunktes ErC50 in Kombination mit einem Sicherheitsfaktor von 10 eine Verschiebung des Schutzniveaus gegenüber der Bewertung nach dem zuvor geltenden Guidance Document der EU-Kommission aus dem Jahre 2002 zur Folge habe, nach dem für die Bewertung der niedrigste vorliegende Endpunkt (zumeist EbC50 oder EyC50) heranzuziehen gewesen sei. Auswertungen von Toxizitätsdaten hätten zwischenzeitlich ergeben, dass es in 33 % mehr Fällen zu einer Abweichung vom Schutzniveau komme. Seit dem Jahr 2015 habe das UBA seine Ergebnisse zur Diskussion unter den Mitgliedstaaten der zentralen Zulassungszone gestellt. Im September 2017 hätten die beteiligten Mitgliedstaaten im CZSC die Notwendigkeit anerkannt, die entstehende Unsicherheit national zu adressieren, und beschlossen, in entsprechenden Fällen im Rahmen der zonalen Risikobewertung einen Hinweis in das Core Assessment aufzunehmen, nach dem die Mitgliedstaaten die Unsicherheit, falls für erforderlich erachtet, auf nationaler Ebene im National Addendum adressieren sollten, auch wenn ein harmonisierter Ansatz in der zentralen Zone sehr zu begrüßen wäre. Die Einigung sei in ein Arbeitsdokument aufgenommen worden (Working document on Risk Assessment of Plant Protection Products in the Central Zone – Ecotoxicology -, Fassung vom Mai 2021, Ziff. 3.3.7). Entsprechend der getroffenen Übereinkunft sei das UBA im Core Assessment verfahren, indem es dort eine Bewertung nach dem Guidance Document der EFSA und der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 vorgenommen, aber auf die bestehende Unsicherheit hingewiesen habe. In der nationalen Bewertung sei demgegenüber der Sicherheitsfaktor von 30 berücksichtigt worden. Für Deutschland sei dies für notwendig erachtet worden, weil die Gewässer in Deutschland in Bezug auf Wasserplanzen/Phytobenthos bereits einen schlechten Zustand aufwiesen. Deutschlandweit liege der Anteil der Fließstrecken, die insoweit einen mindestens guten Zustand erreichten, bei deutlich unter 50 %. Unter Berücksichtigung der sich aus der Roten Liste ergebenden Daten zur Gefährdung der Vegetation von Gewässern und des Entwicklungstrends der letzten Jahre sei der Zustand der Makrophyten in für den Agrarraum relevanten Vegetationsformen als vulnerabel einzuordnen. Für eine Vielzahl von Arten liege bereits eine Gefährdung vor und der Entwicklungstrend zeige ein gleichbleibendes bis hin zu einem sich verschlechternden Bild. Einer weiteren Verschlechterung müsse entgegengewirkt werden. Auch die EFSA erkenne in ihrem Guidance Document aus dem Jahre 2013 und dem von der Klägerin in Bezug genommenen Technical Report aus dem Jahre 2019 die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Überprüfung der bei der Bewertung verwendeten Sicherheitsfaktoren an. Einen konkreten Zeitplan für die Überarbeitung des Guidance Document gebe es allerdings nicht. Soweit die EFSA in ihrem Guidance Document ausführe, dass es eine Überarbeitung des Risikobewertungsschemas auslösen solle, wenn es eine systematische Abweichung für Stoffe mit einer bestimmten Wirkungsweise gebe (Guidance Document, S. 166), könnte daraus abgeleitet werden, dass die EFSA es den Mitgliedstaaten freistelle, erforderlichenfalls eine Anpassung der Risikobewertung vorzunehmen. Zumindest bis zu einer Überarbeitung des Guidance Document durch die EFSA könnten die Mitgliedstaaten als ermächtigt angesehen werden, ein aktualisiertes und zumindest in der zentralen Zulassungszone harmonisiertes Vorgehen abzustimmen. Zur Anwendungsbestimmung NW719 betreffend die Vorgabe, die Bekämpfung von Unkräutern zwischen den Reihen ausschließlich mit nicht-chemischen Verfahren durchzuführen, halte es das BVL in Abweichung vom UBA für rechtlich problematisch, dass nicht die Anwendung des zur Zulassung stehenden Pflanzenschutzmittels G., sondern die anderer, für die Anwendung in Zuckerrüben bereits ohne entsprechende Einschränkung zugelassener Pflanzenschutzmittel reguliert werde, obgleich für letztere bereits festgestellt worden sei, dass sie in dieser Anwendung keine unvertretbaren Auswirkungen auf den Naturhaushalt hätten.
Original Quelle Niedersachsen.de
Bilder Pixabay / Original Quelle
Vermisst: Rebecca Reusch – Wer hat die 15-Jährige zuletzt gesehen oder kann Hinweise geben?
Hinterlasse jetzt einen Kommentar