Landrat Christoph Schauder und Ehefrau Kathrin empfingen rund 170 Gäste in der früheren Zisterzienserabtei – darunter Bundes- und Landtagsabgeordnete, die Mitglieder der ab 2009 gewählten Kreistage sowie die Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Landkreis einschließlich ihrer Vorgänger. Ebenso vertreten waren die Landräte oder ihre Stellvertreter aus den umliegenden Kreisen und dem Partnerlandkreis Bautzen sowie die Dezernentinnen und Dezernenten, Amtsleiterinnen und Amtsleiter und der Personalratsvorsitzende aus dem Landratsamt. Nicht fehlen durften auch die Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen, an denen der Landkreis beteiligt ist oder die zu seinen regelmäßigen Geschäftspartnern gehören, sowie Abordnungen von Polizei, Blaulichtorganisationen, Kirchen, Gerichten und Organisationen. In einer Gedenkminute wurde an den verstorbenen Ersten Landesbeamten a.D. Jörg Hasenbusch erinnert.
Landrat Schauder: Versprechungen verlässlich und qualitätvoll einhalten
In seiner Rede schilderte Landrat Schauder, wie es zu der Kreisreform vor 50 Jahren überhaupt gekommen war. Die Verwaltungsstrukturen seien vor dem Jahr 1973 als zu kleinteilig empfunden, der Ruf nach gleichwertigen Lebensverhältnissen im ganzen Land immer lauter geworden. Um überörtliche Pläne für Abfallentsorgung, Verkehrsinfrastruktur, Schulen oder Krankenhäuser zu verwirklichen, seien schlagkräftigere Verwaltungseinheiten mit ausreichend Fachpersonal und moderner Ausstattung notwendig geworden.
Auch wenn es für viele nicht leicht gewesen sei, dass die Anzahl der Landkreise durch die Kreisreform zum 1. Januar 1973 nahezu halbiert wurde, habe man doch „handlungsfähigere Verwaltungseinheiten sowie wirtschaftlich lebensfähige Landkreise“ geschaffen. In einem spannenden Prozess sei der heutige Main-Tauber-Kreis zusammengewachsen, die kommunale Familie stark und geeint. Landrat Schauder bekannte sich dazu, ein „Fan der Verwaltungsebene Landratsamt“ zu sein, denn hier würden Entscheidungen getroffen, die das tägliche Leben der Menschen prägen – beispielsweise bei der Breitbandversorgung, der Jugendhilfe, der Koordinierung des ÖPNV oder der Abfallentsorgung.
Gleichwohl kritisierte Landrat Schauder, dass die Landkreise in den vergangenen Jahren oftmals „Feuerwehrfunktionen übernommen und als Nothelfer für Berlin und Stuttgart fungiert“ hätten. Auch wenn die Kreise diese Aufgaben „mehr als nur zufriedenstellend“ erledigt hätten, seien die Kreisverwaltungen in einer Überlastungssituation, die so nicht weiterbestehen könne. Beim Beschluss von Gesetzen müsse die Umsetzung vor Ort mitgedacht und generell das Verhältnis von Bürger und Staat in Teilen neu definiert, die Eigenverantwortung wieder stärker in den Fokus gerückt werden. Man müsse sich von der Vorstellung verabschieden, dass jede Einzelheit vom Staat geregelt werden kann. „Insgesamt sollten weniger Versprechungen gemacht, die Versprechungen dafür aber verlässlich und qualitätvoll eingehalten werden“, sagte er.
Jubiläumstalk: württembergischer Fleiß und badische Großzügigkeit
Wohl niemand anderes aus dem Main-Tauber-Kreis hätte den Jubiläumstalk so charmant und heiter, professionell und kenntnisreich moderieren können wie die langjährige SWR-Redakteurin Rosi Düll. Zu den Gästen gehörte die Amtschefin im Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), Ministerialdirektorin Grit Puchan. Sie hat ihre berufliche Karriere einst im Landratsamt Main-Tauber-Kreis begonnen. Sie erinnerte daran, wie im Rahmen des „Sonderbehörden-Eingliederungsgesetzes“ im Jahr 1995 unter anderem das Veterinär- und das Gesundheitsamt zum Landratsamt kamen und wie sie gemeinsam mit dem damaligen Landrat Georg Denzer viele Veranstaltungen im gesamten Landkreis besucht habe, denn die Präsenz in der Fläche sei Denzer wichtig gewesen.
Dies unterstrich Altlandrat Denzer: „Ich bin viel raus und kenne jeden Flecken im Kreis, denn wenn man die Dinge nicht kennt, kann man nicht entscheiden.“ Das Zusammenwachsen des noch jungen Kreises habe er nach seinem Amtsantritt 1981 dadurch gefördert, dass er versucht habe, „jedem etwas zu geben.“ Denzers Nachfolger, Reinhard Frank, kam kurz nach der Verwaltungsstrukturreform im Jahr 2005 ins Amt. Damals wurden weitere zuvor selbständige Sonderbehörden ins Landratsamt integriert. Frank zeigte Verständnis für die Seelenlage der damaligen Amtsleiter, die zuvor im ganzen Landkreis bekannt gewesen seien und nun plötzlich „einen Landrat über sich gehabt“ hätten. Dennoch habe sich die Effizienz des Verwaltungshandelns infolge der Reform deutlich erhöht. Durch eine „Managementkultur“ mit Zielplanung, Mitarbeitergesprächen und weiteren Instrumenten sei es gelungen, in „überschaubarer Zeit einen gemeinsamen Korps-Geist“ zu entwickeln.
Professor Stefan Gläser, ehemals Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Wertheim und später geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, würdigte am Main-Tauber-Kreis die „wunderbare Verbindung aus württembergischem Fleiß und badischer Großzügigkeit“. Der Kreis sei auch dank der „respektablen Zahl an Mittelständlern in Baden-Württemberg ganz oben“. Unternehmer Dr. Manfred Wittenstein lobte den „besonderen Spirit bei den Menschen im Main-Tauber-Kreis“ sowie die „Perlenkette an wunderbaren Dingen“, wozu auch das Kloster Bronnbach zu zählen sei. Diese Kombination begeistere häufig auch Gäste aus dem Ausland. Vor 25 Jahren seien hier erstmals in Deutschland Facharbeiter in Mechatronik ausgebildet worden, und aktuell solle die Gründung eines „MINT-Vereins“ – einem Kürzel für die Fächer der Gebiete Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – zur nachhaltigen Sicherung des Fachkräftebedarfs beitragen.
Als erste Frau, die im Main-Tauber-Kreis zur Bürgermeisterin gewählt wurde – zunächst in Großrinderfeld, dann in Tauberbischofsheim – war Anette Schmidt auf dem Talk-Podium vertreten. Immer noch seien weniger als zehn Prozent der Bürgermeisterposten im Land mit Frauen besetzt, in den kommunalen Gremien liege der Frauenanteil bei 25 Prozent. „Deshalb kämpfe ich dafür, dass Frauen sich solche Ämter zutrauen und kandidieren, denn wir brauchen auch die Perspektive der Frauen.“ Sie stellte die konstruktive Zusammenarbeit der Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wie auch das „stets offene Ohr“ von Landrat Christoph Schauder heraus.
Dank an Kulturamt, BdL und Orchester
Schauder selbst dankte zum Abschluss des Festaktes den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Amt für Kultur und Tourismus sowie im Büro des Landrats für die Vorbereitung der Veranstaltung. Ebenso galt sein Dank dem Landespolizeiorchester Baden-Württemberg mit dem Chefdirigenten Professor Stefan R. Halder, das den Nachmittag im Kreuzganginnenhof auf musikalisch höchstem Niveau begleitet hatte, mit beschwingten Melodien, volltönendem Sound und – auf Wunsch des Landrats – der Nationalhymne zum Abschluss. Das Publikum applaudierte stehend.
Mitbringsel zeigen die Verbindung
Talkrunden-Moderatorin Rosi Düll hat alle Gäste auf dem Podium gebeten, etwas mitzubringen, das ihre Verbindung zum Main-Tauber-Kreis unterstreicht.
Unternehmer Dr. Manfred Wittenstein hatte ein kleines High-Tech-Gerät dabei, das im Main-Tauber-Kreis entwickelt wurde und drei bis vier Mal so wertvoll sei wie Gold. „Dafür brauchen wir MINT und die Leidenschaft der Facharbeiter.“
Landrat a.D. Reinhard Frank zeigte die Sonderausgabe der Mitarbeiterzeitung, die zu seinem Abschied erschienen ist: „16 Jahre Arbeit unter dem Brennglas – dieses Heft zeigt, wie wir gearbeitet, etwas zustande gebracht und auch gefeiert haben. Es ist ein Geschenk, wenn man Landrat des Main-Tauber-Kreises sein darf.“
Professor Dr. Stefan Gläsers Mitbringsel war immateriell: „Die uneingeschränkte Solidarität mit dem Landkreis und der Großen Kreisstadt Wertheim, denen ich seit mehr als 30 Jahren aufs Engste verbunden bin.“
Bürgermeisterin Anette Schmidt präsentierte ein Foto ihres Vaters, der Beamter im Landratsamt Main-Tauber-Kreis war. „Das Landratsamt war für mich von klein auf präsent, hier habe ich auch während meiner Ausbildung im gehobenen Dienst ein halbes Jahr lang gearbeitet.“
Ministerialdirektorin Grit Puchan hatte sich für Wein und Grünkern entschieden – kennzeichnend für den Main-Tauber-Kreis und ein Beispiel für gute Lebensmittel aus der Region: „Deshalb fordere ich auch zum Verzehr auf!“.
Landrat a.D. Georg Denzer zitierte aus dem Büchlein „Wo Grafen schlafen“ von Eduard von Habsburg-Lothringen, der mehrfach in Bronnbach zu Gast war – seine Mutter war Christiana von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, zugleich ist der Autor Urururenkel von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth, genannt Sissi. „Hätten Sie es gewusst?“, fragte Denzer lächelnd.
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