Bericht aus der Kabinettssitzung vom 9. Mai 2023:

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 9. Mai 2023:

Der heutige Tag ist ein historischer Tag in der Freundschaft zwischen Bayern und Tschechien: Mit Prof. Petr Fiala ist zum ersten Mal ein tschechischer Ministerpräsident Gast im Bayerischen Ministerrat. Er wurde von Ministerpräsident Dr. Markus Söder im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg empfangen.

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 und der Grenzöffnung 1990 ist das Verhältnis Bayerns zur Tschechischen Republik immer enger geworden. Meilensteine der Beziehungen waren die erste Reise eines Bayerischen Ministerpräsidenten nach Prag im Jahr 2010, die Eröffnung der Bayerischen Repräsentanz in Prag im Jahr 2014 und die Verkündung der Bayerisch-Tschechischen Nachbarschaftsstrategie im Jahr 2022.

Bayern ist für Tschechien der viertwichtigste, Tschechien für Bayern der fünftwichtigste Außenhandelspartner weltweit. Das gemeinsame Außenhandelsvolumen betrug 2022 beinahe 24 Mrd. Euro. Täglich unterstützen 23.000 tschechische Pendler durch ihre Arbeit Wirtschaft und öffentliche Infrastruktur in Bayern. Innovationskraft, Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung bilden die gemeinsame Basis für Wohlstand und sozialen Frieden. Die Staatsregierung wird die Zusammenarbeit mit Tschechien als starkem Partner in der Mitte Europas auf dieser Basis weiter ausbauen, gerade vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine.

1. Wir investieren gemeinsam in Zukunftstechnologien und die Sicherung unserer industriellen Basis.

  • Unter Federführung des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie bauen wir die Zusammenarbeit im Luft- und Raumfahrtbereich zwischen dem Freistaat Bayern und der Tschechischen Republik weiter aus und haben hierzu am 9. Mai 2023 in Regensburg eine Gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. Tschechien ist ein bedeutender Industriestandort für Luft- und Raumfahrtunternehmen. Gleichzeitig ist Prag Sitz der European Union Agency for the Space Programme (EUSPA), die die Weltraumprogramme der Europäischen Union umsetzt. Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen auf beiden Seiten können von einer engen Zusammenarbeit profitieren.
  • Die im Jahr 2016 eingerichtete Bayerisch-Tschechische Hochschulagentur informiert und vernetzt Studierende, Lehrende, Forschende und Management der bayerischen und tschechischen Hochschulen und berät Interessierte zu Studium und Forschung an Hochschulen in Bayern und Tschechien. Jährlich werden bis zu 60 Stipendien für Studienaufenthalte und Sommerschulen im Nachbarland vergeben. Auf Grundlage der „Joint Declaration of Intent concerning scientific cooperation“ zwischen dem tschechischen Bildungsministerium und dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wurden von 2016 bis 2021 23 wissenschaftliche Projekte aus den Fachbereichen Energieeffizienz, Materialwissenschaften, Nanotechnologien sowie Medizin und Gesundheitswissenschaften gemeinsam gefördert. 2022 starteten zehn neue Projekte, die bis 2024 aus Mitteln der StK und des tschechischen Bildungsministeriums unterstützt werden. Wir begrüßen die Initiative des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Tschechien im gemeinsamen Programm „Joint Call Bayern-Tschechien“ zu stärken. Für den Zeitraum 2024 – 2026 werden die Programmmittel von bayerischer Seite dafür auf insgesamt 3,5 Mio. Euro erhöht. Die Finanzierung bleibt zukünftigen Haushaltsverhandlungen vorbehalten.
  • Wir treiben das bayerisch-tschechische Gemeinschaftsprojekt „5G-Korridor München-Prag“ weiter voran. Bayern und Tschechien setzen sich für den Infrastrukturausbau ein und entwickeln gemeinsam Anwendungen, die die Möglichkeiten der schnellen Datennetze nutzen. Aktuell verknüpfen die Technischen Universitäten in München und Prag ihre jeweiligen 5G-Testbeds und können so auf Distanz Geräte und Anwendungen steuern. Ein bayerisch-tschechisches Nanotechnologie-Netzwerk und die Kooperation zwischen dem Leibniz-Rechenzentrum in München und dem IT4Innovations National Supercomputing Center in Ostrava werden aufgebaut.

2. Wir fördern das gegenseitige Erlernen der Sprache.

  • Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus stellt Angebote bereit zur Lehrerfortbildung für tschechische Lehrkräfte in Bayern durch Hospitationsaufenthalte und Fortbildungskurse an der ALP Dillingen, regionale Fortbildungen für bayerische Tschechischlehrkräfte sowie die Entsendung bayerischer Lehrkräfte nach Tschechien als Landesprogrammlehrkräfte.
  • Die Euregio Egrensis und die Euregio Bayerische Wald-Böhmerwald-Unterer Inn organisieren von der Staatskanzlei geförderte Programme zum bayerisch-tschechischen Gastschuljahr für Schülerinnen und Schüler.
  • Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales fördert das in Regensburg ansässige „Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch – TANDEM“, das auch im außerschulischen Bereich eine Vielzahl an Angeboten für junge Menschen aus Tschechien und Bayern bietet. So können junge Menschen unter anderem an außerschulischen Jugendbegegnungen und Fachkräfteprogrammen teilnehmen oder ein berufliches Praktikum im Nachbarland absolvieren.
  • Die im Jahr 2021 durch die Bayerische Staatskanzlei eingerichtete Stiftung zur Förderung des Internationalen Jugendaustauschs fördert kulturelle Begegnungen und Spracherwerb im Schwerpunktland Tschechien vor allem an Realschulen, Mittelschulen, Förderschulen sowie an beruflichen Schulen und komplementiert dadurch die Arbeit anderer Träger, insbesondere von TANDEM und des Bayerischen Jugendrings.
  • Auf Initiative der Staatskanzlei und des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus findet im Oktober 2023 ein Vernetzungs- und Informationstreffen für tschechische und bayerische Lehrkräfte statt, um neue Schulpartnerschaften anzubahnen und den bestehenden Dialog zu intensivieren.

3. Wir halten an den offenen Grenzen fest. Polizei und Sicherheitsbehörden zwischen Bayern und Tschechien arbeiten grenzüberschreitend zusammen.

  • Das Gemeinsame Zentrum der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit Petrovice – Schwandorf leistet seit seiner Gründung im Jahr 2007 einen erheblichen Beitrag für die Sicherheit im grenznahen Raum.
  • Bayerische und tschechische Polizeibeamte tauschen sich regelmäßig aus, insbesondere über die neuesten kriminaltechnischen Methoden, technische Neuerungen im Waffen- und Munitionssektor sowie Entwicklungen im nationalen und europäischen Waffenrecht. Im Mittelpunkt steht die Bekämpfung von länderübergreifender Kriminalität, Terrorismus- und Extremismus sowie grenzüberschreitender Eigentumsdelikte.
  • Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst unter Federführung des Staatsministeriums des Inneren, für Sport und Integration besteht seit vielen Jahren. Die gut funktionierende grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst basiert auf dem Rahmenabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik sowie der Vereinbarung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst zwischen dem Freistaat Bayern und den Bezirken Karlsbad, Pilsen und Südböhmen.

4. Wir pflegen unser gemeinsames Kultur- und Naturerbe entlang der bayerisch-tschechischen Grenze.

  • Die am 9. Mai in Regensburg eröffnete Gemeinsame Landesausstellung „Barock. Bayern und Böhmen“ ist nach der Gemeinsamen Landesausstellung zu Karl IV. im Jahr 2016 bereits die zweite ihrer Art.
  • Im Rahmen der ab 19. Mai 2023 stattfindenden Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen Selb 2023 steht Kultur und Begegnung im Mittelpunkt.
  • Die Nationalparke „Bayerischer Wald“ und „Šumava“ pflegen gemeinsam auf rund 93.000 Hektar – und damit im größten zusammenhängenden Waldgebiet Mitteleuropas – im Bayerischen Wald und Böhmerwald ein außergewöhnliches Habitat an Artenvielfalt und Orte einzigartiger Naturschönheit.
  • Entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs ist an der bayerisch-tschechischen Grenze mit dem Grünen Band eine Natur- und Kulturlandschaft entstanden, die identitätsstiftend für beide Länder ist.
  • Wir wollen den grenzüberschreitenden Tourismus noch stärker fördern. Hierfür stehen unter Federführung des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gemeinsame Marketingaktivitäten, die bessere Integration von und der weitere Ausbau grenzüberschreitender Naturerlebnisangebote (z.B. Goldsteig) sowie die gemeinsame Nutzung und Vermarktung touristischer Stätten, Kultur- und Heilbäder sowie landestypischen Brauchtums und Handwerkstraditionen im Vordergrund.
  • Wir würdigen den entscheidenden Beitrag der Sudetendeutschen zur Entwicklung der Beziehungen. Die Sudetendeutschen sind wichtige Träger der Kultur- und Erinnerungsarbeit mit Tschechien. Das 2021 neu eröffnete Sudetendeutsche Museum in München dokumentiert auf anschauliche Weise die Geschichte der Deutschen in Böhmen über die Jahrhunderte.

5. Wir fördern das weitere Zusammenwachsen des Grenzraums entlang der 350 km langen Grenze.

  • Wir setzen uns weiterhin für einen weiteren Ausbau der Schienenverbindungen zwischen Bayern und Tschechien und vor allem die Wiedereinführung von Fernverkehrszügen zwischen Prag und den beiden bayerischen Metropolen München und Nürnberg ein. Entscheidend für eine grundlegende Verbesserung des grenzüberschreitenden Schienenverkehrsangebots zwischen Bayern und Tschechien sind vor allem der Ausbau der sog. Franken-Sachsen-Magistrale (Nürnberg – Marktredwitz – Hof/Schirnding – Tschechien) und der sog. Metropolenbahn Nürnberg–Schwandorf / München–Regensburg–Furth im Wald – Tschechien. Notwendig ist eine Umsetzungsgarantie sowie eine Priorisierung beider Vorhaben durch den für Schieneninfrastruktur zuständigen Bund.
  • Unter Federführung des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie treten wir für die Fortführung des europäischen INTERREG-Programms Bayern – Tschechien auch nach 2027 ein, als starkes Fundament für die Verknüpfung des gemeinsamen Lebens-, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturraums im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet. In der aktuellen Förderperiode 2021 – 2027 stehen 99 Mio. Euro zur Intensivierung der Zusammenarbeit zur Verfügung.
  • Das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat fördert besonders die Entwicklung des Grenzraums. Auf Basis eines grenzübergreifenden Entwicklungsgutachtens für den bayerisch-tschechischen Grenzraum hat die Staatsregierung bereits ab 2016 über 30 fachübergreifende und grenzüberschreitende Projekte mit einem Gesamtvolumen von rd. 12,9 Mio. Euro in Bereichen wie Kultur, ÖPNV, Wissenschaft oder Tourismus gefördert. Mit der Förderrichtlinie Bayerisch-Tschechischer-Grenzraum (BYCZFöR) wurde die bisherige Förderung im bayerisch-tschechischen Grenzraum seit Mai 2022 verstetigt und weiterentwickelt. Begleitend zu den bayerisch-tschechischen Freundschaftswochen fördert das Heimatministerium darüber hinaus mit dem Sonderprogramm „bayerisch-tschechische Kommunalpartnerschaften“ (BYCZSoR) einmalig Partnerschaftsprojekte mit bis zu 3.000 Euro pro Kommune. 37 Kommunen werden mit einer Gesamtsumme von rund 100.000 Euro unterstützt.
  • Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten investiert im Rahmen der Instrumente der Ländlichen Entwicklung (Integrierte Ländliche Entwicklung, Flurneuordnung, Dorferneuerung) besonders im Grenzraum zu Tschechien. Allein im Jahr 2022 wurden für die Grenzlandkreise zu Tschechien knapp 34 Mio. Euro an Zuschüssen ausgereicht – ein Fünftel der bayernweit zur Verfügung stehenden Mittel. Damit wurden Begegnungen von Menschen im Grenzraum ermöglicht, ein Austausch der jeweiligen öffentlichen Verwaltungen umgesetzt, das grenzüberschreitende Wegenetz verbessert oder fachliche Austausche über Forst- und Holzwirtschaft im Bayerischen Wald und Böhmerwald ermöglicht.
  • Der im März 2023 eingerichtete Beirat der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit stellt ein wesentliches Instrument der Koordinierung aller grenzlandspezifischer Anliegen in der Zusammenarbeit mit Tschechien dar. Der Beirat dient als Austauschformat mit den acht bayerischen Grenzlandkreisen zu Tschechien, den ostbayerischen Regierungsbezirken und Bezirken, sowie den beiden ostbayerischen Euregios und der Europaregion Donau-Moldau. Ziel ist es, im Grenzraum noch enger abgestimmt mit den verschiedenen kommunalen und staatlichen Ebenen auf der tschechischen Seite zusammenzuarbeiten.

Original Quelle Bayern.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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