Bondmarkt-Omen für 2023 / Kommentar zur Entwicklung auf dem Anleihemarkt von Kai …

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Börsen-Zeitung

Frankfurt (ots)

Es sind klare Zeichen, die vom Markt der Bundesanleihen kommen, und sie bewegen immer mehr Auguren zum Umdenken. Aktuell ist die gesamte Kurve der Bundeswertpapiere – also die Renditestrukturkurve gemessen von den zwei- bis zu den 30-jährigen Laufzeiten – invertiert. Die Bundesschatzanweisungen (zweijährig) liegen aktuell bei einer Rendite von um die 2,18%, die Bundesobligationen (fünfjährig) rentieren mit 1,99%, und die zehn- bzw. 30-jährigen Bundesanleihen liegen bei Renditen von um die 1,94% bzw. „nur“ noch um die 1,77%. Die langfristigen Sätze der Bundestitel liegen also unter den kurzfristigen Renditen, und zwar in einem Ausmaß des zweistelligen Basispunktebereichs zwischen den zweijährigen Laufzeiten und den länger laufenden Titeln. Damit signalisiert der Markt nicht mehr nur eine Konjunkturabschwächung, sondern preist die Rezession ein.

Zeitgleich nehmen auch immer mehr Volkswirte und Marktanalysten an, dass der Zinserhöhungspfad der Zentralbanken sich so langsam auf sein Ende zubewegt – trotz mancher anderslautender Aussagen von Notenbankern, die keinen Raum für schwächere Zinsanhebungen oder gar bald eintretende Senkungen der Leitzinsen sehen oder sehen wollen. Wenn die Wirtschaft sich aber auf eine Rezession zubewegt, dann werden weiter steigende Leitzinsen die Unternehmen, die durch die aufziehende Krise ohnehin schon unter Druck geraten, noch mehr in Bedrängnis bringen. Irgendwann müssen Zentralbanker dann erkennen, dass weitere Leitzinssteigerungen der Wirtschaft nur noch mehr schaden, als sie in der Bekämpfung der Inflation womöglich nutzen.

Leitzinssenkungen stehen dann auf dem Programm. Gut möglich also, dass die Zentralbanker in der jetzigen Situation bestrebt sind, sich für diese Phase der Rezession noch mehr Pulver zur Seite zu legen – aber auch, dass damit ein baldiges Ende der Fahnenstange bei EZB, Fed & Co. einhergeht. Der Bund-Markt preist ein derartiges Szenario zunehmend stärker ein. Und damit könnten die aktuellen Renditehöhen bald der Vergangenheit angehören, von Hochs hat der Markt sich ja schon abgesetzt. Auf 30-Jahre-Frist gibt es nur noch weniger als 2% – Tendenz fallend, bei zehnjährigen Laufzeiten das gleiche Bild.

Die Fed wird die Zinssätze 2022 so oft angehoben haben wie fast nie zuvor, hält Axa Investment Managers (IM) fest. „Deshalb ist der Ausblick für Anleihen positiv, deren Renditen so hoch sind wie seit 15 Jahren nicht mehr. Anleger können höhere Renditen bei geringerem Risiko erzielen, als dies in den vergangenen Jahren der Fall war“, kommentiert Chris Iggo, CIO Core Investments bei Axa IM, die Aussichten.

„Wir glauben nicht, dass die Fed im kommenden Jahr den Leitzins erneut um 400 BP anheben wird. Das Gleiche dürfte für die Bank of England und die Europäische Zentralbank gelten“, führt Iggo aus. Die Zinsen in den USA stünden kurz vor dem Höchststand, und der Anstieg der Anleiherenditen in vielen Märkten bedeute, dass das Risiko-Rendite-Verhältnis bei Anleihen künftig viel besser sei. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass die Anleihemärkte ein drittes Jahr in Folge negative Renditen bringen würden. Trotz aller Bedenken hinsichtlich Marktliquidität, Reduzierung der Notenbankbilanzen oder möglicher Zahlungsausfälle und Herabstufungen wird 2023 für Iggo ein gutes Jahr für Anleihen.

Recht positiv äußert sich auch der globale Investmentmanager Nuveen: Sollte sich tatsächlich ein überzeugendes Muster einer langsameren Inflation herauskristallisieren, werde die Fed wahrscheinlich höhere Zinssätze für eine längere Zeit aufrechterhalten, ohne ihren Leitsatz jedoch weiter so stark zu erhöhen wie zuletzt. „Dies könnte den Weg für eine milde und möglicherweise kurzlebige Rezession in den USA ebnen und ein Umfeld begünstigen, in dem Anleihen beginnen, sich wieder wie Anleihen zu verhalten“, so CIO Saira Malik. Das bedeute geringere Korrelationen zu Aktien und die Fähigkeit, sinnvolle Diversifizierungsvorteile in Anlegerportfolios zu bieten. „Diese Qualitäten werden gefragt sein, da Aktien und andere Risikoanlagen angesichts der sich verlangsamenden Wirtschaftstätigkeit und negativer Gewinnrevisionen weiterhin anfällig für Abwärtsrisiken sind.“

Dann kann es für Anleger ja nur heißen: Zugreifen, sich die gegenwärtigen Renditen bei Bunds sichern und Risikoanlagen meiden. Denn wenn erst die breite Masse am Markt zugreift, sind die Bondrenditen schneller unten, als man glaubt. Diese Bondmarktentwicklung ist aber kein gutes Omen für die Realwirtschaft.

(Börsen-Zeitung, 26.11.2022)

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