Odenwald-Kreis | Präzise Wimmelbilder zwischen Arcimboldo und Aboriginal Art

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Pünktlich zum 50. Kreis-Jubiläum: 50. Kunst-Ausstellung im Landratsamt – Rainer Kampfhenkel zeigt „Vielfalt“ – Seckacher Bürgermeister wirkte erstmals als Laudator

Von Peter Lahr

Mosbach. „Wenn man Probleme lösen will, muss man kreativ sein“, betonte der Seckacher Künstler Rainer Kampfhenkel am Dienstagabend bei der Vernissage seiner Ausstellung „Vielfalt“ im Mosbacher Landratsamt. Kreativ war aber nicht nur der ehemalige Lehrer der Schefflenztalschule und gelernte Bauzeichner. Kreativ waren auch dessen Sohn Simon und Schwiegertochter Sina Kampfhenkel, die sich musikalisch auf die Spuren der Kleingeldprinzessin alias Dota begaben. Kreativ und gutgelaunt zeigte sich zudem Landrat Dr. Achim Brötel, der trotz Mathephobie mit einem Zahlenspiel aufwartete: Pünktlich zum 50. Kreisjubiläum sei dies die 50. Kunstausstellung im Foyer des Mosbacher Landratsamts. Eine kreative Premiere gelang auch dem Seckacher Bürgermeister Thomas Ludwig, der erstmals die Rolle eines Laudators übernahm und jenseits der Kunst feststellte: „Migration ist für einen Landstrich nicht per se etwas Schlechtes.“ Besonders, wenn es sich dabei um einen „jungen Wilden“ handele, der bereits 1980 mit seiner Familie aus dem Mannheimer Jungbusch nach Seckach zog – wie es Rainer Kampfhenkel tat.
Mit der gesungenen „Leierkastenmelodie“ gaben die Musiker dem Landrat eine Steilvorlage. „Immer dieselbe Leier“, witzelte der Hausherr, ein bekennender Grußwort-Enthusiast. „Alle wollen individuell sein, aber wehe, jemand ist anders“, machte sich Brötel seinen eigenen Reim auf den Ausstellungstitel. Dabei sei doch das Anderssein ein ganz besonderes Attribut der Kunst. Unter den rund 100 Gästen, darunter viele Familienmitglieder und Weggefährten, begrüßte der Landrat namentlich Heide Lochmann, Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion.
„Das Lebenserhaltende ist die Vielfalt.“ Dieses Zitat des ehem. Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker lasse sich auch gut auf die Vita des Künstlers anwenden. Er male nicht nur die ausgestellten Gemälde, sondern auch Plakate, Schützenscheiben, Geburtstagskarten und Einladungen, Bühnenbilder und Fastnachtsorden; außerdem gestalte Kampfhenkel die Einträge ins Goldene Buch der Gemeinde Seckach. In seinen Bildern entdecke man immer wieder etwas Neues, lobte Brötel und unterstrich: „Vielfalt, nicht Einfalt macht unsere Gesellschaft aus.“
Den Lebensweg und die Familiengeschichte von Rainer Kampfhenkel leuchtete Thomas Ludwig in der Laudatio gewissenhaft aus. „Vor etwa 100 Jahren kam der Opa des Künstlers als Wanderarbeiter aus dem mitteldeutschen Raum Dessau-Wittenberg nach Mannheim und fand als gelernter Töpfer Arbeit in einer Steinzeugfabrik in Friedrichsfeld.“ Das Elternhaus des 1947 geborenen Enkels stand im Jungbusch, dem verrufenen Arbeiterviertel am Hafen. Schon in jungen Jahren liebte es Rainer Kampfhenkel zu zeichnen und lesen, zudem hatte er eine kleine Tiermenagerie mit Fischen, Schildkröten und Wellensittichen. Von den „Vorboten der 68er Bewegung“ habe Kampfhenkel profitiert. Jenseits der Ausbildung zum technischen Bauzeichner sammelte der junge Mann Erfahrungen in einer Fabrik und bei Photo Porst, er holte in der Abendschule die mittlere Reife nach und leistete in einer Behinderteneinrichtung seinen Zivildienst. Ein alter Lehrer riet ihm, sich als Quereinsteiger bei der Pädagogischen Hochschule anzumelden. Er bestand und schloss 1976 das Studium erfolgreich ab. „Er ist immer da, wenn man er gebraucht wird“, honorierte der Bürgermeister Kampfhenkels großen und vielfältigen Einsatz für die Allgemeinheit. Die gezeigten Kunstwerke zeichneten sich durch eine große Farbenpracht aus und sie seien von lebensbejahendem Charakter, anerkannte Ludwig. Für die „wohlwollende Laudatio“ bedankte sich der Künstler und erläuterte die unterschiedlichen Themenfelder seiner Ausstellung. Neben den Bereichen Umwelt – Tiere – Natur inspirierten ihn auch literarische Werke und die Evolution. „Des is extrem, was der da alles reinmalt“, kommentierte ein Gast ein wimmelbildartiges Gemälde von Kampfhenkel. So präzise gibt er darin die Tier- und Pflanzenformen der Natur wieder, so fantastisch fügt er sie zu überbordenden Assemblagen zusammen. Da kommt einem schnell Giuseppe Arcimboldo in den Sinn, der manieristische Hofmaler des Prager Kaisers Ferdinand I. Auch dieser schuf aus vielen korrekt ausgeformten Details überbordende Gesamtbilder, die Jahrhunderte später die Surrealisten begeistern sollten. Zur präzisen Auffassungsgabe gesellt sich eine starke Farbigkeit, die mitunter nahezu psychedelisch wirkt. Eine Bildsprache, die Landschaften und Mythen gleichermaßen in ornamentale Szenerien überträgt, findet sich auch bei den Werken der australischen Aborigines. „Ein richtig schönes Leuchten“, begeisterte einen Betrachter der „Schönen Lau“ im Obergeschoss. Fantastischer Realismus könnte man auch dazu sagen.

Info: Die Ausstellung ist bis zum 5. Februar 2024 im Landratsamt zu sehen. Geöffnet ist montags und donnerstags von 8 bis 12 Uhr, zudem montags von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 14 bis 17 Uhr; weitere Besichtigungen nach telefonischer Anmeldung unter 0 62 61 / 84 0.

Quelle :neckar-odenwald-kreis.de

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