Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 1. Senat | 1 LA 91/20 | Beschluss | Beseitigungsanordnung für ein ehemaliges Schleusenwärterwohnhaus im Außenbereich, § 3 BauRegVO, Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB, Bestandsschutz

Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 1. Senat | 1 LA 91/20 | Beschluss | Beseitigungsanordnung für ein ehemaliges Schleusenwärterwohnhaus im Außenbereich, § 3 BauRegVO, Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB, Bestandsschutz

Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Zulassungsvorbringen, eine Unterscheidung zwischen privilegiertem und allgemeinem Wohnen sei einer Dispenserteilung fremd, da der Begriff des Wohnens von persönlichen Merkmalen der Nutzer unabhängig sei. Abgesehen davon, dass der rechtliche Ausgangspunkt des Klägers, im Rahmen einer Dispenserteilung sei damals stets von einem einheitlichen Wohnbegriff ausgegangen worden, äußerst zweifelhaft ist, legt er bereits nicht dar, dass das der früheren Unterbringung der Schleusenwärter dienende Gebäude nach damaligem Recht nur im Wege eines Dispenses genehmigungsfähig war. Soweit er in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2019 (- 2 A 2995/17 -, BauR 2019, 1899 = ZfBR 2019, 798 = juris) verweist, hilft dies mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht weiter. Im dortigen Verfahren lagen Baugenehmigungen und Zustimmungen vor, die allesamt die (uneingeschränkte) Erlaubnis der Gebäudenutzung zu Wohnzwecken enthielten. Die Wohngebäude, die nach den Feststellungen des Gerichts vormals als Unterbringung für britische Besatzungskräfte dienten, befanden sich in einem Gebiet, das vornehmlich oder zumindest auch dem Wohnen diente. Das Oberverwaltungsgericht führte aus, dass die Variationsbreite der genehmigten Wohnnutzung nicht beschränkt sei, weil in den bauplanungsrechtlichen Bestimmungen eine Differenzierung des Wohnbegriffs nach Nationalität und/oder Arbeitgeber jedenfalls in solchen Gebieten, die (vornehmlich oder zumindest auch) dem Wohnen dienen, nicht enthalten sei und daher die geplante zivile Wohnnutzung die Genehmigungsfrage nicht neu aufwerfe. Dies ist hier anders. Das ehemalige Schleusenwärterhaus befindet sich nicht in einem Wohngebiet, sondern im Außenbereich in direkter Lage zur Schleuse, weshalb sich die Genehmigungsfrage im Falle der Änderung in eine nicht mehr zweckprivilegierte Nutzung neu stellt (zur Genehmigungsbedürftigkeit einer allgemeinen Wohnnutzung im Außenbereich nach Aufgabe der privilegierten Nutzung vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 14.9.1988 – 4 B 131.88 -, BRS 48 Nr. 63 = BauR 1988, 698 = juris Rn. 3). Bereits die damalige Regelung des § 3 BauRegVO gab die Möglichkeit, die Errichtung von Wohngebäuden im Außenbereich dahingehend zu beschränken, dass diese nur zu einem bestimmten Zweck – hier die Unterbringung der Schleusenwärter und ihrer Familien – errichtet werden dürfen. Das Verwaltungsgericht ist entgegen dem Vorbringen des Klägers insoweit nicht von einem fehlerhaften Rechtsverständnis des § 3 BauRegVO ausgegangen. Insbesondere hat es nicht die heutigen Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 BauGB (oder vormals BBauG) auf die damalige Rechtslage im Jahre 1948/49 projiziert. Richtig ist zwar, dass der vom Verwaltungsgericht auf Seite 11 UA angeführte Zusatz, „[…] d.h. wegen ihrer Zweckbestimmung an den Außenbereich gebunden waren“, in dieser Form nicht in der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1956 (- I C 119.56 -, BVerwGE 4, 124 = DVBl 1957, 246 = juris Rn. 8) enthalten ist. Die vom Bundesverwaltungsgericht für zulässig erachteten Vorhaben im Außenbereich waren letztlich aber keine anderen, als solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung an den Außenbereich gebunden waren (vgl. hierzu auch NdsOVG, Urt. v. 23.8.1993 – 6 L 3026/91 -, NdsRpfl 1993, 302 = NVwZ-RR 1994, 71 = juris Rn. 23). Dass die Errichtung eines allgemeinen Wohnzwecken dienenden Hauses im Außenbereich einer geordneten Entwicklung des Gemeindegebiets entsprach, ist fernliegend. Vielmehr handelte es sich hierbei schon damals regelmäßig um eine außenbereichsfremde, unorganische Bebauung, die gerade zu verhindern war. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht auf die vom Kläger aufgeworfene Frage an, ob es sich bei § 3 BauRegVO um eine gebundene oder aber eine Ermessensentscheidung gehandelt hat, zumal auch im Falle einer Ermessensentscheidung hieraus keineswegs zu folgern wäre, dass die Baubehörde ihr Ermessen zugunsten einer Genehmigung zu allgemeinen Wohnzwecken ausgeübt hat.

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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