Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 10. Senat | 10 LB 112/21 | Urteil | Dürrehilfe 2018 – Anrechnung von kurzfristig zumutbar verwertbarem Privatvermögen

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Dass der Kläger die 50.000 EUR später für die durch die Anschaffung eines automatischen Melksystems anfallenden Investitionskosten und damit für betriebliche Zwecke verwenden wollte, führt nicht dazu, dass die Beklagte die 50.000 EUR am Stichtag 30. Juni 2018 als Betriebsvermögen ansehen musste (vgl. Senatsurteil vom 21.4.2022 – 10 LC 230/20 –, S. 17, n.v.). Nach den für die Beklagte maßgeblichen Buchführungsunterlagen handelte es sich, wie bereits ausgeführt, nicht um Betriebsvermögen. Auch wollte der Kläger am Stichtag 30. Juni 2018 das Geld gerade nicht betrieblich, sondern privat zur Erlangung von Zinsen nutzen, weshalb dieses zuvor auch auf das private Tagesgeldkonto übertragen worden war. Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Kläger behaupteten Umstand, dass das private Tagesgeldkonto – mit dem Ziel der Erlangung von höheren (privaten) Zinsen – als Rücklagenkonto für den landwirtschaftlichen Betrieb gedient hat (vgl. auch Senatsurteil vom 21.4.2022 – 10 LC 230/20 –, S. 15, n.v.). Denn weder aufgrund einer betrieblichen Verwendungsabsicht, die Gegenstand der inneren Willensbildung des Klägers und für die Beklagte nicht erkennbar und überprüfbar ist, noch aufgrund der tatsächlichen Verwahrung von Geld auf einem (auch) betrieblich genutzten privaten Konto war die Beklagte gehalten, finanzielle Mittel, die nach den Buchführungsunterlagen gerade kein Betriebsvermögen, sondern Privatvermögen sind, als Betriebsvermögen zu betrachten. Vielmehr konnte die Beklagte für die Unterscheidung von Betriebs- und Privatvermögen bei der Entscheidung über die Gewährung einer Dürrehilfe ermessensfehlerfrei auf die Buchführung des Klägers abstellen. Die Auffassung des Klägers, auch nach den Buchführungsunterlagen aus dem Betriebsvermögen entnommene Vermögensbeträge auf Privatkonten von Landwirten, die später einmal wieder für betriebliche Zwecke verwendet werden sollen, könnten bei der Entscheidung über die Gewährung einer Dürrehilfe als Betriebsvermögen anzusehen sein und dürften dann bei der Berechnung der Dürrehilfe nicht berücksichtigt werden, würde rechtsmissbräuchlichen Vermögensverschiebungen Vorschub leisten und vor allem eine hinreichend sichere Unterscheidung zwischen betrieblichen und privaten Vermögen durch die Beklagte nahezu unmöglich machen (Senatsurteil vom 21.4.2022 – 10 LC 230/20 –, S. 15, n.v.). Gerade die Gewährleistung einer sicheren Unterscheidung von Betriebs- und Privatvermögen war bei der Entscheidung über die Gewährung einer Dürrehilfe angesichts der Eile der von den Landwirten benötigen finanziellen Hilfen erforderlich. Der Beklagten stand für die Bearbeitung der ca. 4.600 Anträge (Senatsurteil vom 24.3.2021 – 10 LC 203/20 –, juris Rn.47; nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 21.4.2022 in dem Verfahren 10 LC 204/20 hat sie ungefähr 3.200 Dürrehilfeanträgen stattgegeben und ca. 1.200 Anträge aus unterschiedlichsten Gründen abgelehnt) nur ein kurzer Zeitraum zur Verfügung. Dies erforderte eine zügige Abwicklung des Verwaltungsverfahrens und eine verwaltungsökonomisch handhabbare Umsetzung (Senatsbeschluss vom 28.6.2022 – 10 LA 234/20 –, juris Rn. 10). Dem entspricht die Verwaltungspraxis der Beklagten, bei der Prüfung der Voraussetzungen der Gewährung einer Dürrehilfe konsequent auf die Angaben in den steuerlichen Buchführungsunterlagen, denen auch die Einlagen und Entnahmen entnommen werden, abzustellen, ohne diese Angaben im Einzelnen zu hinterfragen, was einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 28.6.2022 – 10 LA 234/20 –, juris Rn. 10) und (in Übereinstimmung mit dem Erlass des ML vom 29. Mai 2019) sich danach ergebendes Privatvermögen, das für betriebliche Ausgaben vorgesehen ist, bei der Schadensermittlung zu berücksichtigen (vgl. Bl. 87R d.A.). Anhand der Buchführungsunterlagen kann insoweit einfach und schnell zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen unterschieden werden, auch wenn einzelne Bankkonten von Landwirten sowohl für private als auch für betriebliche Zwecke genutzt werden (vgl. auch das Schreiben des Niedersächsischen Landvolks vom 7. Mai 2012, Bl. 256 d.A.). Hingegen wäre eine Überprüfung, ob Vermögen für einen betrieblichen Zweck gedacht ist, der Beklagten objektiv kaum möglich und in dem Masseverfahren der Dürrehilfe 2018 jedenfalls mit erheblichem Aufwand (etwa wie vorliegend einem Abgleich von zahlreichen Kontobewegungen) verbunden und auch nicht, wie jedoch erforderlich, kurzfristig möglich gewesen. Dies unterscheidet die Bewertung von Betriebs- und Privatvermögen im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung einer Dürrehilfe auch von der handels- und steuerrechtlichen Beurteilung, sofern sich nach dieser möglicherweise ergeben könnte, dass Vermögensgegenstände – hier die 50.000 EUR – fälschlicherweise als Entnahme verbucht und aus dem Betriebsvermögen entfernt worden sind. Bei der Dürrehilfe handelte es sich, wie bereits ausgeführt, um eine freiwillige Leistung in einem Massenverfahren, die eines praktikablen und zügig abzuwickelnden Verwaltungsverfahrens bedurfte, weshalb die mit dem Abstellen allein auf die Buchführungsunterlagen verbundene Pauschalierung sachlich gerechtfertigt ist, auch wenn dies in Einzelfällen möglicherweise zu Härten führt (Senatsbeschluss vom 28.6.2022 – 10 LA 234/20 –, juris Rn. 10).

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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