Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Hannover 1. Kammer | 1 A 3809/19 | Urteil | Bemessung von Straßenreinigungsgebühren nach dem Quadratwurzelmaßstab

Sprengschutzmatten, Probesprengung, erfüllen Zweck.

Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Hannover 1. Kammer | 1 A 3809/19 | Urteil | Bemessung von Straßenreinigungsgebühren nach dem Quadratwurzelmaßstab

c) Der Hinweis der Klägerin darauf, dass bei den Winterdiensten „der vergangenen Jahre“ eine Räumung nicht unmittelbar bis zur Grenze ihres Grundstücks erfolgt sei, lässt die Gebührenpflicht nicht entfallen. Zum einen dürften die vorgelegten Fotos, die eine unzureichende Räumung belegen sollen, wohl eher nicht aus den streitgegenständlichen Gebührenjahren 2018 und 2019 stammen. Davon abgesehen kann eine gebührenmindernde oder zu einem Erstattungsanspruch führende Schlechtleistung im Einzelfall nicht schon bei einem einzelnen Ausbleiben des Räumdienstes in einer Nebenstraße oder bei einer nicht vollständigen Beseitigung einer Schneedecke auf der Fahrbahn angenommen werden. Auch wenn man sich im Ansatz an die zivilrechtlichen Regelungen zu Schlechtleistungen als Voraussetzung eines Minderungs- oder Erstattungsanspruchs wird anlehnen können (vgl. etwa VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 26.06.2014 – 4 K 1119/13.NW -, juris Rn. 24), sind die dafür geltenden Maßstäbe hinsichtlich eines privaten Winterdienstvertrages (vgl. zu dessen rechtlicher Einordnung und zu Leistungsstörungen: BGH, Urt. v. 06.06.2013 – VII ZR 355/12 -, juris) nicht ohne weiteres auf das Gebührenschuldverhältnis übertragbar. Da bei einer Gebührenerhebung mittels eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs lediglich eine generalisierende und pauschalierende Bemessung der Abgabe nach der Leistung stattfindet, kann bei Benutzungsgebühren nicht jede behördliche Minder- oder Schlechtleistung einen Anspruch auf Gebührenermäßigung oder den Wegfall der Gebühr nach sich ziehen. Vielmehr muss – um für die Höhe des Gebührenanspruchs erheblich zu sein – eine Leistungsstörung von (nach Art, Dauer und/oder Umfang) gewissem Gewicht vorliegen (Nds. OVG, Beschl. v. 13.01.2010 – 9 LA 205/08 -, juris Rn. 5). Das Äquivalenzprinzip ist erst verletzt, wenn das Ausgleichsverhältnis zwischen Gebühr und Wert der Leistung „gröblich“ gestört ist (Nds. OVG, Beschl. v. 15.12.2015 – 9 LA 95/15 -, juris Rn. 9), was bei der Straßenreinigung außerhalb des Winterdienstes angenommen wurde, wenn nach Art, Dauer und/oder Umfang erhebliche Reinigungsmängel festzustellen sind, so dass die Straße als Ganzes nicht mehr als gereinigt angesehen werden kann. An solche „gröblichen“ Störungen knüpfen auch die in den meisten Gebührensatzungen enthaltenen Vorschriften zum Ausschluss von Minderungs- oder Erstattungsansprüchen an (so auch § 6 der Gebührensatzung der Beklagten). „Erhebliche“ Mängel liegen im Hinblick auf die Straßenreinigung außerhalb des Winterdienstes “ etwa dann vor, wenn die unzureichende Straßenreinigung die Verkehrssicherheit beeinträchtigt oder mit den allgemeinen Hygienebedürfnissen unvereinbar ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.01.2010 – 9 LA 205/08 -, juris Rn. 7; Urt. d. Kammer v. 05.06.2009 – 1 A 2303/08 -, juris). Dieser Maßstab ist im Hinblick auf den Winterdienst zu modifizieren: Erst, wenn auf der Fahrbahn einer Nebenstraße auch mit situationsgerecht ausgestatteten Fahrzeugen die Leichtigkeit des Verkehrs erheblich erschwert ist, wird man von einer gröblichen Störung des Austauschverhältnisses und einer damit einhergehenden Verletzung des Äquivalenzprinzips ausgehen können. Zunächst ist nämlich zu berücksichtigen, dass über konkret erbrachte Beseitigungs- und Streumaßnahmen hinaus die in Anspruch genommene gebührenpflichtige Leistung zudem in der Bereitstellung der Leistungen bei Bedarf liegt, die den Aufwand umfasst, der erforderlich ist, um Personal und Material für Zwecke des Winterdienstes vorzuhalten (Nds. OVG, Beschl. v. 15.12.2015 – 9 LA 95/15 -, juris Rn. 9); mit der Gebühr wird also auch die Vorsorge für die Fälle abgegolten, in denen der Winterdienst unabdingbar notwendig ist, um überhaupt einen Verkehrsfluss zu ermöglichen. Daneben ist mit erheblichem Gewicht in Rechnung zu stellen, dass durch den städtischen Winterdienst die Anlieger von einer diesbezüglichen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung hinsichtlich der Fahrbahnen freigestellt bleiben. Es gibt straßenrechtlich (§ 52 Abs. 2-4 NStrG) nur die Alternative, dass entweder die Anlieger (und Hinterlieger) oder aber die Gemeinde für den Winterdienst öffentlich-rechtlich verantwortlich sind. Damit verbunden ist auch die zivilrechtliche Verantwortlichkeit im Falle der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Auch wenn eine Räumung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, bleiben die Anlieger im Falle der städtischen Zuständigkeit von dieser Verantwortlichkeit frei. Dies hat einen nicht zu unterschätzenden Geldwert. Wenn auch schon geringe Mengen Schnee und Eis auf der Fahrbahn die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können, ist damit nicht sogleich stets die Leichtigkeit des Verkehrs bei angepasster Fahrweise und mit Winterbereifung im Ergebnis in Frage gestellt. Daraus und aus den bei der Stadt in jedem Falle verbleibenden Pflichten erschließt sich, dass nicht jegliches Defizit bei der Räumung von Schnee oder dem Streuen bei Glätte sogleich zu einer Gebührenminderung oder -erstattung führen kann. Es kommt hinzu, dass es dem Gebührenpflichtigen obliegt, eine unzureichende Räumung bei der Beklagten geltend zu machen und diese zur Nachbesserung aufzufordern. Geschieht dies nicht, kann eine Schlechtleistung nicht ohne weiteres zu einem Entfall der Gebührenpflicht führen.

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

Vermisst: Rebecca Reusch – Wer hat die 15-Jährige zuletzt gesehen oder kann Hinweise geben?

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen