Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Hannover 5. Kammer | 5 A 11015/17 | Urteil | Asyl – SudanAbschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG

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Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Hannover 5. Kammer | 5 A 11015/17 | Urteil | Asyl – SudanAbschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG

Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 21. Juli 2017 vor dem Bundesamt habe er laut der diesbezüglichen Protokolle angegeben, im Jahr 1993 im Sudan (Darfur) geboren und sudaneischer Staatsbürger zu sein. Er gehöre zum Stamm der Zaghawa und sei Moslem. Ab Oktober 2003 habe er in G. bei sei seinem Onkel gelebt. Im Dorf seines Onkels habe es keine Schule gegeben; es sei aber über einen Zeitraum von acht Jahren jemand gekommen, der die Kinder – darunter den Kläger – etwas gelehrt habe. Einen Beruf habe er nicht erlernt. Eines Tages seien fünf Personen zum Kläger gekommen, von denen eine einen Militäranzug getragen habe. Sie hätten ihn gefragt, ob er der Sohn des H. sei, was er bejaht habe. Sie hätten weiter gefragt, wo sein Vater sei. Er habe geantwortet, dass er dies nicht wisse. Weiterhin hätten sie ihn nach seinem Bruder Ahmed gefragt. Auch diesbezüglich habe der Kläger bekundet, es nicht zu wissen. Abschließend hätten sie ihm gesagt, er solle seinem Onkel nicht erzählen, dass sie da gewesen seien. Als sein Onkel gekommen sei, habe er dennoch alles erzählt. Dieser habe ihm gesagt, er solle das nächste Mal keine Antwort geben, wenn sie kämen und nicht mit ihnen reden solle. Beim nächsten Mal – im Januar 2006 – seien sie mit zwei Autos gekommen und hätten Masken über dem Kopf getragen. Die Frau seines Onkels und einige kleine Kinder hätten dort gesessen und sie hätten ersterer gesagt, sie suchten nach dem H.. Sie habe gesagt, dass sie auch nicht wisse, wo dieser sei; nur sein Sohn (der Kläger) sei da. Sie hätten dann den Kläger mitgenommen und ihn zum Auto geschleppt. Er habe die Augen verbunden bekommen und nach einer Stunde Autofahrt habe man ihn aus dem Auto gelassen, seine Hände „angekettet“ und ihn an eine andere Person übergeben. Diese habe ihn in ein Gefängnis gebracht. Dort habe es einen Offizier mit dem Namen D. gegeben. Diesem hätten sie berichtet, dass sie einen aus „Tora Bora“ gebracht hätten; so würde man die Zaghawa bezeichnen. Dann hätten sie ihm – dem Kläger – die Ketten abgenommen und ihm gesagt, er solle sich hinsetzen. Man werde ihn entlassen, wenn er die Wahrheit erzähle. Dann habe man ihm gesagt, dass sein Vater für die Opposition arbeite, worauf der Kläger gefragt habe: „Welche Opposition?“. Er habe noch gesagt, dass er sich nicht auskenne. Ihm sei geantwortet worden, es gehe um die Oppositionsleute aus dem Darfur; die meisten Zaghawa seien Oppositionelle. Er habe dann gesagt, dass er seinen Vater seit 2003 nicht mehr gesehen habe, woraufhin ihm entgegnet worden sei, dass er nicht die Wahrheit sage. Dann habe ein Offizier gerufen, dass er seinen Spaß mit ihm haben wolle und ihn zu den anderen Hunden schicken sollte. Seine Hände seien ihm auf den Rücken gebunden und er sei dann in ein kleines Zimmer verbracht worden. Man habe ihm dann vorgeworfen, dass er nicht die Wahrheit gesagt habe, woraufhin er entgegnet habe, dass er die Wahrheit gesagt habe. Er sei daraufhin mit einem Schlauch geschlagen worden, bis das Blut gekommen sei. Der Offizier habe ihn dann mitgenommen und in einen Gefängnisraum geworfen, wo bereits viele andere Leute gewesen seien. Letztere hätten ihn gefragt, wo er herkomme und zu welchem Stamm er gehöre. Auf seine Antwort hin, habe man ihm gesagt, dass er im Gefängnis „vernichtet“ werden würde. Er sei insgesamt ein Jahr und drei Tage dort in Haft gewesen. Die letzten drei Monate davon habe er nicht viel gegessen. Er habe eine Entzündung gehabt und nicht gut essen und schlafen können. Während seiner Haftzeit seien drei Leute verstorben. Am 3. Januar 2007 sei ein Offizier in die Zelle gekommen und habe gefragt, wer hier „unschuldig sei“. Die anderen Gefangenen hätten dann gemeint, es sei der Junge und auf den Kläger gedeutet. Der Offizier habe ihn dann gefragt, wer ihn ins Gefängnis gebracht habe, woraufhin er geantwortet habe, es seien irgendwelche Leute gewesen. Daraufhin sei er aus der Zelle genommen worden und der Offizier habe ihm gesagt, dass er – der Kläger – krank sei und er ihn nicht im Gefängnis sterben lassen würde. Er habe ihm gesagt, dass sie ihn entlassen, aber „wieder kriegen würden“. Dann habe ihn der Offizier zum Haupttor begleitet und ihn hinausgelassen. Er sei anschließend dorthin zurückgegangen, wo er zuvor gewohnt habe, aber er habe dort niemanden gefunden, weder seinen Onkel noch dessen Frau oder deren Kinder. Ein Nachbar habe ihm erzählt, dass sie einfach weggegangen seien und schon lange nicht mehr dort. Er – der Kläger – sei dann auf den Markt gegangen, wo es Jugendliche gegeben habe. Diese hätten ihm Arbeit angeboten. Er habe dann dort vier Monate lang gearbeitet. Nach vier Monaten habe er seinen Vater in I. wiedergesehen. Dieser habe ihm berichtet, dass er lange nach ihm gesucht, ihn aber nicht gefunden habe. Sein Vater habe in J., in der Nähe von K., gewohnt. Er sei dann mit ihm dorthin gegangen, wo er auch seine Mutter getroffen habe. Dies sei im Januar 2008 gewesen. Nachts seien bewaffnete Pferdereiter gekommen. Sie hätten seinen Vater gefragt, ob „er es gewesen sei“, was dieser verneint habe. Sie hätten ihn – den Kläger – dort sitzen sehen und dann die Wohnung durchsucht. Dort hätten sie einen Militärausweis seines Vaters gefunden. Sie hätten dann seinen Vater gefragt, warum er nicht gleich zugegeben habe, wer er sei und warum er gelogen habe. Daraufhin hätten sie gesagt, dass an diesem Tag „die Uhr der ganzen Familie enden würde“ und dann seinen Vater umgebracht. Er – der Kläger – habe flüchten können und auch seine Mutter habe man nicht erwischt. Dann sei die Polizei gekommen und habe gesagt, dass sein Vater ein Oppositioneller gewesen sei. Sie seien noch drei Monate im selben Haus geblieben und hätten von der Landwirtschaft gelebt. Im September 2008 sei seine Schwester von drei Männern vergewaltigt worden, die sie gefragt hätten, wer sie seien. Es sei ein Mann in Militäruniform zu ihnen nach Hause gekommen, der sie habe mitnehmen wollen. Er – der Kläger – habe nicht mitgehen wollen, da dieser Mann eine Militäruniform getragen habe. Letzterer habe dann seine Schwester mitgenommen. Er selbst sei noch drei Monate bei seiner Mutter geblieben und sei im August 2010 nach L. gegangen. Sie hätten das Vieh verkauft, weshalb er Geld für die Reise nach L. gehabt habe. Nachdem er sich dort einen Monat aufgehalten habe, sei er mit dem Zug nach Khartum gefahren und habe dort von 2010 bis 2013 gelebt. In Khartum habe er mitbekommen, dass sie auch dort nach ihm suchten. Dies habe er daran gemerkt, dass sie ihn immer wieder gefragt hätten, von welchem Stamm er sei und wo er wohne. Die Fragenden seien die Menschen im Basar gewesen; meist habe er Soldaten die Schuhe geputzt. Er habe dort nicht seinen richtigen Namen, sondern den Namen Sadek angegeben und auch nicht gesagt, dass er Zaghawa sei. Seine Mutter habe ihm gesagt, dass er nicht in Khartum leben und das Land verlassen solle. In seiner Zeit in Khartum habe er im November 2010 an einer Demonstration von Studenten gegen die Regierung teilgenommen. Viele seien dabei festgenommen worden, darunter auch er selbst. Er habe dann gesagt, dass er kein Student sei und nur zufällig vor Ort gewesen sei. Da er Schuhputzer gewesen sei, habe er seine Arbeitsmaterialien bei sich gehabt, weshalb man ihm geglaubt und ihn freigelassen habe. Danach sei nichts mehr passiert. Er habe darüber nachgedacht, was seine Mutter ihm geraten habe und sei deshalb 2013 ausgereist. Es habe letztlich keinen Grund gegeben, warum er erst dann ausgereist sei; er habe zuvor noch nicht die 150 sudanesischen Pfund für die Ausreise beisammengehabt.

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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