Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Hannover 5. Kammer | 5 A 1357/21 | Urteil

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Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 – 1 C 14/05 –, juris). Die Ausreise des Klägers ist weder aus tatsächlichen noch rechtlichen Gründen unmöglich. Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg auf ein – einzig in Betracht kommendes –inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aus Art. 8 EMRK berufen. Art. 8 EMRK entfaltet aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, wenn durch den Ausländer ein durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiertes Privatleben nur noch im Bundesgebiet geführt werden kann. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung muss der Ausländer dazu im Bundesgebiet ein Leben führen, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen so geprägt ist, und durch das er faktisch so stark in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, dass ihm das Verlassen des Bundesgebiets nicht zugemutet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.7.2002 – 1 C 8/02 –, juris, Rn. 23; OVG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.3.2020 – 11 S 2293/18 –, juris Rn. 31). Der Ausländer muss auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse bei gleichzeitiger Entfremdung vom Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sein, dass er gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt werden könne, während er mit dem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 – BVerwG 1 C 8.96 –, juris Rn. 30; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2010 – 11 S 2359/10 –, juris Rn. 27; VGH München, Beschluss vom 3.7.2017 – 19 CS 17.551 –, juris Rn. 10). Dies hängt zum einen von seiner Integration in Deutschland (Dimension „Verwurzelung“) und zum anderen von der Möglichkeit zur (Re-) Integration in seinem Heimatland (Dimension „Entwurzelung“) ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine zumindest mehrjährige Dauer des Aufenthalts, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz, einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln, um den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, und fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Eine nach Art. 8 EMRK schutzwürdige Verwurzelung im Bundesgebiet kann dabei grundsätzlich nur während Zeiten entstehen, in denen der Ausländer sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.2.2018 – 8 ME 1/18 –, juris Rn. 17 m. w. N.; Beschluss vom 1.11.2017 – 13 ME 190/17 –, juris Rn. 27 m. w. N.). Nach diesen Grundsätzen besteht keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise des Klägers aus Art. 8 EMRK.

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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