USA glauben nicht an Ausschluss Russlands aus SWIFT-System

Finanzviertel von Moskau, über dts Nachrichtenagentur


Foto: Finanzviertel von Moskau, über dts Nachrichtenagentur

Washington/Moskau (dts Nachrichtenagentur) – Die Regierung der Vereinigten Staaten erwartet nicht, dass die westlichen Verbündeten Russland im Falle eines Angriffs auf die Ukraine aus dem internationalen Zahlungsverbund SWIFT ausschließen werden. Zugleich gibt es in Washington Unbehagen in Bezug auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Vor allem seine Haltung zur deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee wird kritisiert. Ein Vertreter der US-Regierung sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) in Bezug auf die gegenwärtigen Verhandlungen zwischen den USA und ihren Verbündeten über mögliche Russland-Sanktionen: „Meine Vermutung ist, dass SWIFT selbst nicht eine der Optionen ist. Es wäre eine Überraschung, wenn SWIFT mit einbezogen würde“. Eher kämen „gewisse Bankensysteme“ als Sanktionsziele infrage. Die „Schwierigkeit“ dabei sei allerdings, „dass bestimmte europäische Akteure diese Systeme für ihre Transaktionen mit Russland benutzen“. Deshalb könnten Sanktionen auf diesem Gebiet zum Beispiel auch „der deutschen Wirtschaft schaden“. Darüber spreche man mit den Regierungen Deutschlands und anderer Verbündeter in Europa. Der Regierungsvertreter wählte für die möglichen Schwierigkeiten ein frei gegriffenes Beispiel: „Sagen wir mal: Deutschland importiert russisches Gas, und jetzt muss bezahlt werden. Wenn das nicht mehr geschehen kann, ist das ein Thema, denn dann hört das Gas auf, zu fließen.“

Solche Überlegungen seien auch für die USA wichtig. Die Frage im Fall von Sanktionen sei: „Würde Amerika aufhören, russisches Öl zu exportieren?“ In Bezug auf Scholz gibt es in den USA laut des Berichtes gewisse „Sorgen“. Der US-„Gewährsmann“ der FAS, wie die Zeitung ihn nennt, sagte, vor allem die Haltung des Kanzlers zu Nord Stream 2 habe in Washington „Stirnrunzeln“ ausgelöst.

Besonders unangenehm sei aufgefallen, dass Scholz die Ostseeleitung während des EU-Gipfels vom Dezember als „rein wirtschaftliches Projekt“ beschrieben habe. Das sei die Sprache, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „zuletzt vor Jahren“ benutzt habe, „bevor sie zugab, dass da mehr dahintersteckte“. Merkel hatte Nord Stream 2 jahrelang mit dem Argument verteidigt, hier handele es sich um ein Vorhaben der Privatwirtschaft. Sie wies damit das Argument zurück, die Leitung diene dem politischen Ziel Russlands, die bisherige Transitstrecke durch die Ukraine aus dem Markt zu drängen.

2018 gab Merkel dann aber zu, dass bei dem Projekt auch „politische Faktoren“ zu berücksichtigen seien. Auch in der Ukraine empfindet man „einen gewissen Schock“ über die Positionierung des neuen Bundeskanzlers. Ein Regierungsvertreter sagteder FAS, beim ersten deutsch-ukrainischen Spitzentreffen im Dezember in Brüssel hätten Scholz und Präsident Wolodymyr Selenskij eine „kontroverse Diskussion über Nord Stream 2“ geführt. Der Kanzler habe dabei die alten Argumente vom rein „wirtschaftlichen“ Charakter der Leitung wiederholt – im Vergleich zu Merkel sei das „eine kalte Dusche“ gewesen.

In Washington gibt es aber noch weitere Fragen. Der Regierungskreisen zugeordnete US-Insider, zu dem die FAS Kontakt hat, weist auf einen Bericht der „Bild-Zeitung“ hin, demzufolge Scholz in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 21. Dezember einen „qualifizierten Neuanfang“ zwischen Deutschland und Russland ins Gespräch gebracht haben soll. Das würde an die US-amerikanische „Reset“-Politik aus den ersten Jahren Präsident Barack Obamas erinnern, als Washington trotz des eben erst erfolgten russischen Einmarsches in Georgien vergeblich versuchte, Putin durch vermeintliches Entgegenkommen einzubinden. Dieser Ansatz gilt in der US-Regierung mittlerweile als verfehlt.

Dass heute in der deutschen Presse unwidersprochen von angeblichen Plänen des Bundeskanzlers zu einem „qualifizierten Neuanfang“ berichtet wird, beunruhigt manche US-Amerikaner. Die Quelle der FAS fasste das in die Worte, so etwas verstärkte „Sorgen über bestimmte Aspekte der deutschen Russlandpolitik“. Solange es von der Bundesregierung „kein öffentliches Dementi“ des Presseberichts gebe, betrachte man seinen Inhalt „als unbestritten“. Wenn man zugleich das auffallende Verständnis des früheren Kanzlers Gerhard Schröder (SPD) und anderer wichtiger SPD-Politiker für Russland in Betracht ziehe, entstehe „ein gewisses Bild“. Manche Leute in Amerika seien „überrascht darüber, wie Scholz und andere in der SPD seit langer Zeit auf Russland blicken“.

dts Nachrichtenagentur

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