„Berliner Morgenpost“: Realismus beim Klimaschutz – Leitartikel von Christine Richter …

BERLINER MORGENPOST

Berlin (ots)

Mehrere Tausend Menschen haben in Berlin für mehr Klimaschutz und bessere Bedingungen im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) demonstriert. Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future hatte am Freitag gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi, die in diesen Tagen in Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst steckt und mehr Druck machen will, zu einer Kundgebung in Mitte aufgerufen.

Die Berliner Polizei sprach von einem regen Zustrom und mehreren Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Laut Veranstaltern kamen 18.000 Menschen zusammen – eine wieder beeindruckende Zahl. Auch in anderen deutschen Städten wie Bonn, München, Hannover und Frankfurt am Main gingen viele Menschen für mehr Klimaschutz auf die Straße – jüngere und ältere gemeinsam. Gut so.

Die Aktivisten, wie die Sprecherin von Fridays for Future in Deutschland, Luisa Neubauer, kritisierten erwartungsgemäß die Politiker, die nicht genug für den Klimaschutz täten. Doch die Politiker in Berlin und anderswo sehen diese Demonstrationen sehr wohl. Denn auch in diesen Tagen erleben wir wieder, in welch atemraubendem Tempo der Klimawandel verläuft. In Frankreich herrscht im Februar und März schon wieder Dürre, seit Wochen hat es nicht ausreichend geregnet – und dies nach den letzten heißen Sommern. Auch in Italien herrscht Krisenstimmung: Die Bilder vom Gardasee haben sicherlich nicht nur die Menschen, die gern dort Urlaub machen, erschreckt, sondern auch jeden Politiker. Die Kommunalverantwortlichen in Italien haben sich jedenfalls schon zur Krisensitzung getroffen und Gegenmaßnahmen beschlossen.

Auch in unserer Region muss viel getan werden, damit Berlin und Brandenburg klimaresilienter werden. In Brandenburg droht auch in diesem Jahr wieder eine große Trockenheit – mit allen Folgen für die Landwirtschaft und die Menschen, die dort leben. Auch dort hat die Regierung in den vergangenen Monaten Gutachten erstellen lassen, die jetzt diskutiert werden – und für viel Ärger und Widerstand sorgen, weil die Maßnahmen Veränderungen verlangen und natürlich auch Geld kosten.

In Berlin, einer Stadt mit viel Grün, mit Parks und Waldflächen, müssen die Menschen sich ebenfalls auf Veränderungen einstellen. Welche Flächen muss man noch versiegeln? In den Ost-Bezirken gibt es immer noch unbefestigte Straßen und Gehwege – was also tun? Kann man Flächen auch entsiegeln? Brauchen wir mehr Hochhäuser mit begrünten Fassaden? Und auf welchen Dächern kann man heute schon Grünflächen anlegen? Das alles wird immenses Geld kosten. Vom Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs mit neuen U-Bahnen oder Straßenbahnen oder der energetischen Sanierung der Häuser in Berlin ganz zu schweigen.

Die Klimaaktivisten sagen, es gehe alles nicht schnell genug. Immer mehr Tempo zu fordern, ist richtig – aber auch einfach. Unrealistische Erwartungen zu wecken, hilft jedoch auch nicht weiter. So stimmen wir in Berlin in wenigen Wochen, am 26. März, über den Volksentscheid für ein klimaneutrales Berlin ab. Die Initiative, die derzeit viele große bunte Plakate in der ganzen Stadt aufstellen lässt, fordert, dass Berlin schon 2030 klimaneutral werden müsse. Das ist schon in knapp sieben Jahren. Selbst die Grünen sagen, dies sei unrealistisch – und wollen doch, allen voran die amtierende Verkehrs- und Umweltsenatorin Bettina Jarasch, dafür stimmen. Etwas mehr Realitätssinn täte Berlin sehr gut. Allen Berlinerinnen und Berlinern.

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