Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 10. Senat | 10 LA 174/21 | Beschluss | Sachverhaltsfeststellung und Anspruch auf rechtliches Gehör

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Das Recht auf rechtliches Gehör ist darüber hinaus verletzt, wenn ein Beteiligter durch die angegriffene Entscheidung im Rechtssinne überrascht wird, was der Fall ist, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf – selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen – nicht zu rechnen brauchte (BVerwG, Beschlüsse vom 21.7.2020 – 9 B 20.19 –, juris Rn. 23, und vom 2.5.2017 – 5 B 75.15 D –, juris Rn. 11; vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.2.2017 – 2 BvR 395/16 –, juris Rn. 6). Eine den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt damit auch voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25.5.2021 – 2 BvR 1719/16 –, juris Rn. 13). Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt hingegen nicht vor, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt oder aus ihnen Schlussfolgerungen zieht, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entsprechen oder von ihm für unrichtig gehalten werden (BVerwG, Beschluss vom 2.5.2017 – 5 B 75.15 D –, juris Rn. 11). Die Beteiligten müssen aber, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25.5.2021 – 2 BvR 1719/16 –, juris Rn. 13). Auch folgt aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Rechtsansichten (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1.8.2017 – 2 BvR 3068/14 –, juris Rn. 50). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht grundsätzlich nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschlüsse vom 11.11.2020 – 8 B 3.20 –, juris Rn. 5, und vom 21.7.2020 – 9 B 20.19 –, juris Rn. 23).

Original Quelle Niedersachsen.de

Bilder Pixabay / Original Quelle

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